Hunde und Menschen sind grundverschieden. Die eine Spezies will nur fressen, sich paaren und dazwischen herumliegen während Hunde ein hochentwickeltes Sozialverhalten zeigen. Eigenartigerweise widmet Detlev Buch seinen neuen Film trotzdem fast ausschließlich dem Verhalten von Menschen.
Hunde wirbeln das Chi auf
Vier Freundinnen in Berlin haben unterschiedliche Probleme: Ella (Emily Cox) wird von ihrem Freund verlassen, der auch noch dafür gesorgt hat, dass sie bei einer Beförderung übergangen wurde. Und weil sie mit ihrem Leben alleine schon kaum klarkommt, holt sie sich einen Hund aus dem Tierheim. Vollzeitmutter Cecile (Johanna Wokalek) hat ebenfalls Ärger. Ihr gigantischer Berner Sennenhund Simson attackiert seit einiger Zeit immer wieder ihren Ehemann. Die resolute Hundetrainerin Silke (Marie Burchard) kennt sich zwar als einzige der Freundinnen mit Hunden aus, ist aber nicht besonders geschickt im Umgang mit Menschen. Umso schlimmer, wenn ihr Ex-Fußballprofi Oli Konkurrenz macht. Und Lulu (Maite Kelly) kann Hunde nicht ausstehen, weil sie Katzenliebhaberin ist. Trotzdem will sie nicht alleine durchs Leben gehen …
Es war einfach wieder mal dringend Zeit für eine deutsche Komödie über die Schwierigkeiten im Zusammenleben von Männern und Frauen. Es ist sicher sechs, vielleicht sogar schon sieben Tage her, dass der letzte Film dieser Art in die Kinos kam. Aber gleich von Anfang an hat Regisseur Detlev Buck („Rubbeldiekatz“) bei zwei wichtigen Faktoren die richtigen Entscheidungen getroffen: Zum einen spielen in seinem Film Hunde mit.
Zum anderen spielt Til Schweiger nicht mit. Davon abgesehen bietet der Film aber alles was man von einer romantischen Komödie deutscher Provenienz erwartet. Hauptfigur Ella ist keine Frau, sondern eine dieser Ansammlungen von Klischees, die Drehbuchautoren seit Jahrzenten als Frauenfiguren verkaufen. Sie will unbedingt Kinder haben aber auch Karriere machen. Dazu hat sich die bildhübsche, herzensgute Person natürlich einen Kerl ausgesucht, dem das Prädikat „Schleimbeutel“ quer über die Stirn geschrieben steht. Mitten in einer Krise trifft sie übereilte Entscheidungen. Und als sie dann den wunderbaren Traummann trifft, muss sie ihn natürlich erstmal anzicken, dann etwas furchtbar Dummes tun, sich vom Traummann retten lassen, sich natürlich in ihn verlieben um dann doch wieder neurotische Zweifel zu entwickeln, die sie dann wiederum übereilte Entscheidungen treffen lassen.
Auch Power-Mama Cecile weiß alles, schafft alles und macht alles, braucht aber fast die ganze Laufzeit des Films und zwei Gespräche mit ihrer Freundin der Hundeexpertin, bis ihr klar wird, was jedem Hundebesitzer nach der ersten Szene klar war.
Hundetrainerin Silke ist die einzige Frauenfigur des Films, die man so nicht bereits in zwölfundsiebzig anderen Filmen gesehen hat. Diese Frau kann z.B. im Jahr 2018 tatsächlich sogar Geschlechtsverkehr haben, der nicht gleich zu Fortpflanzung und Ehe führen muss. Weil das so unpopulär ist, bekommt ihre Geschichte auch viel weniger von der Laufzeit des Films ab als die Geschichten ihrer Freundinnen. Und das bisschen Handlungsstrang muss sie sich noch mit einer klischeehaften Männerfigur teilen.
Die Geschichte von Katzenliebhaberin Lulu besteht aus gerade mal vier Szenen, von denen sie drei mit einer oder mehreren ihrer Freundinnen teilen muss. So wirkt diese Story wie ein nachträglicher Einfall, den Drehbuchautorin Andrea Wilson („SMS für Dich“) dann auch bald wieder fallengelassen hat.
So weit so bekannt
Die Figuren sind nicht die einzigen Bestandteile des Films, die einem bekannt vorkommen. Die Dialoge sind platt („Weinen ist doch wie lachen. Nur umgedreht“), dafür aber selten witzig („Läufig?“ „Nein!“ „Ich meine den Hund.“). Ein Mädelsabend besteht aus Weintrinken, Gesprächen über Sex und Karten legen. Und der Van eines Hundebetreuers war vor mehr als zwanzig Jahren im Original auch witziger.
Dabei könnte der Film auch anders: Ein romantischer Dialog beim Frühstück hat eine herrliche visuelle Pointe. Die Lektüre der resoluten aber frustrierten Vollzeitmutter lässt einen laut auflachen. Und die Lektion, die Hundetrainerin Silke einem ihrer Kunden gibt, ist reines Dialoggold.
Aber allzu schnell findet der Film immer wieder in die altbekannten Genre-Muster zurück. Und so werden auch am Schluss alle Probleme so einfach als möglich mit einer Runde Happy-Ends gelöst. Krebs ist zum Beispiel halb so wild. Ein schnelles Operatiönchen, wann es gerade in den Terminkalender passt, und schon kann der Onkel Doktor ein langes krebsfreies Leben garantieren. Die drohende Insolvenz verliert rasch ihren Schrecken, wenn der neue Lover eine dicke Erbschaft macht. Und auch so ein kleiner Suizidversuch mit dem Fahrrad in der Spree hilft der Frau ja erstmal alles klarer zu sehen und ist auch schnell überwunden, wenn bloß der Traummann wieder vor der Tür steht.
Aber so ist das eben bei feel-good-romantic-comedies für Pärchen. Und das kann man alles durchgehen lassen. Eines kann man aber als Hundefreund nicht durchgehen lassen: Einen Film „Wuff“ zu nennen und auf dem Plakat ebenso viele Hunde wie menschliche Darsteller zu zeigen, nur um dann im fertigen Film die tierischen Darsteller bloß als – nicht mal besonders wichtige – Handlungselemente einzusetzen, ist einfach Etikettenschwindel. Die Hunde werden zwar gezeigt, wir lernen sie aber nie richtig kennen. Hunde haben individuell verschiedene Charaktere. Von den Hunden, die in diesem Film vorkommen, lernen wir keinen richtig kennen. Bozer läuft dauernd weg. Warum ist egal. Simson ist wichtig für Cecilies kleinen Sohn. Wie das funktioniert, erfahren wir aber nicht. Silke hat eine reinrassige Hündin, die aber nur in einer Szene gebraucht wird.
Ein Streuner wird gezeigt, aber was das soll, bleibt unklar. Echte Hundefreunde und -kenner, die hier einen HUNDE-Film erwarten, werden enttäuscht aus dem Kino kommen.
Emily Cox („Jerks“, „Dutschke“) ist eine der großen Überraschungen des Films. Sie rettet mit ihrer wunderbar natürlichen Darstellung ihre furchtbar geschriebene Figur und die Handlung um sie herum. Hoffentlich sieht man diese begabte Schauspielerin bald in einem Film, der ihrem Talent gerecht wird.
Johanna Wokalek hat in den unterschiedlichsten Rollen („Die Päpstin“ „Der Baader Meinhof Komplex“) gezeigt was sie kann. Und daher wissen wir, sie kann sehr viel mehr als in diesem Film zu sehen ist.
Die noch ziemlich unbekannte Marie Burchard bringt in ihren wenigen Szenen ein bisschen dringend benötigten Wind in den sonst so verstaubten Film.
Ob Maite Kelly eine Schauspielerin ist, kann man anhand ihrer wenigen Szenen in „Wuff“ nicht sagen. Aber sie wirkt so sympathisch, dass man auch von ihr gerne mehr gesehen hätte.
Frederick Lau hat zuletzt in der „Der Spielmacher“ einen ehemaligen Fussballprofi mit einem Glückspielproblem gespielt. In „Wuff“ wirkt er nun nicht ganz so überzeugend als ehemaliger Fussballprofi mit einem Glückspielproblem. Vielleicht kann er ja demnächst mal in einem anderen Film einen ehemaligen Fussballprofi mit einem Glückspielproblem spielen. Oder er spricht einfach mal mit seinem Agenten.
Kostja Ullmann (“Mein Date mit dem Leben“) hat man hier eine Rolle geschrieben, die selbst in einem Werbespot für Ferrero-Küsschen noch „underwritten“ wirken würde. So eine Rolle gibt einem Schauspieler nichts zu tun.
Fazit
Das wichtigste zuerst: „Wuff“ ist kein HUNDE-Film. Als romantische Komödie funktioniert der Film so halbwegs. Dafür sorgen vor allem sympathische, kompetente Darsteller, die über ein formelhaftes Drehbuch hinwegspielen.