*** Arthur & Claire ***

 
auc kritik
 
Autor: Walter Hummer
        
Josef Hader spielt in Miguel Alexandres neuem Film einen Kontrollfreak, der sogar den eigenen Tod genau geplant hat. Doch dann trifft er eine junge Frau, die ebenfalls sterben will. Während einer Nacht in Amsterdam lernen dann beide sehr viel über das Leben.
 
„Versagensangst beim Entspannen“
 
Arthur ist auf dem Weg nach Amsterdam. Am Flughafen nimmt er nur genau den Leihwagen, den er haben möchte. Im Hotel bestellt er schon tagsüber für genau 19:30 Uhr das Abendessen auf sein Zimmer. In einer Klinik bespricht er alle Details seines für den nächsten Tag geplanten Todes.
 
Er hat inoperablen Lungenkrebs und ist nach Holland gekommen um dort Sterbehilfe zu bekommen. Jedes Detail läuft exakt so ab, wie er es sich vorstellt. Als aus dem Nebenzimmer laute Musik dröhnt, will er sich selbstverständlich beschweren. Aber die Zimmernachbarin Claire (Hannah Hoekstra) hat eigene Pläne. Nachdem Arthur der jungen Frau ein Glas voller Schlaftabletten entwunden und diese in der Toilette entsorgt hat, läuft er ihr auf die Straße nach. Als Claire sieht, wie Arthur kaum noch atmen kann, bleibt sie stehen. Zusammen streiten und diskutieren sie sich durch den Abend und in die Nacht …
 
 
„Bisserl touristisch“
 
Josef Hader in einem Film über Tod und Sterben. Das ist zunächst mal nichts wirklich Neues. Und auch Regisseur Miguel Alexandre („Der Mann mit dem Fagott“) geht nur wenig neue oder eigene Wege. Natürlich sieht Arthur bereits in der zweiten Szene, wie am Flughafen ein Sarg verladen wird. Das Thema des Films soll sich dem Zuseher ja auch erschließen. Und natürlich muss sich Arthur dagegen wehren, wenn Claire in einem Restaurant mit ihm an einem Tisch essen möchte, der nur dreißig Zentimeter hoch ist und an dem man auf Kissen auf dem Boden sitzt. Das ist zwar eher eine Szene aus einem Film mit Ben Stiller als mit Josef Hader, aber wir brauchen ja auch Lacher. Und natürlich müssen wir in einem Film der in Amsterdam spielt folgendes gezeigt bekommen: einen Coffeeshop, Fahrräder, Grachten, eine Fahrradrikscha, Grachten, Fahrräder, Brücken über Grachten, Fahrräder, Zugbrücken über Grachten, noch mehr Fahrräder, … Immerhin möchte man ja auch aus den Niederlanden Förderungsgelder bekommen.
 
Aber nicht nur die Motivauswahl von Regisseur Alexandre ist konventionell. Schnitt und vor allem Kameraführung lassen sich am besten mit „unauffällig“ beschreiben. Natürlich sehen wir viele Nahaufnahmen von Hannah Hoekstra. Sie hat das Gesicht eines verzweifelten Engels. Für solche Gesichter wurden Nahaufnahmen erfunden. Aber in der Totalen sehen wir die Figuren vor allem VOR den Hintergründen agieren. Nur selten bewegen sie sich IM Raum. Wer aus einem Theaterstück einen Film macht, sollte die Kamera auch „filmisch“ einsetzen. Der ganze Film ist durchaus professionell, aber leider etwas uninspiriert gestaltet. Die Szenen folgen vorhersehbar aufeinander. Überraschungen, Dramatik oder wirklich schöne Bilder werden aber kaum geboten. Vor allem am Ende machen es sich die Filmemacher leider viel zu einfach.
 
02 ©2018 Universum Film06 ©2018 Universum Film08 ©2018 Universum Film09 ©2018 Universum Film
 
„Keine Welle ist wie die andere“
 
Dass Josef Hader einen Sterbenden spielen kann, ist bekannt. Auch als Misanthropen haben wir ihn mehr als einmal gesehen. Hier spielt er einen sterbenden Misanthropen. Und es ist ebenso überraschend wie eindrucksvoll, wie Hader dabei wieder einmal eine neue, eigene Figur kreiert. Artur ist nicht Brenner, nicht Heinzi Bösel oder eine andere Variation einer seiner früheren Figuren. In wenigen Szenen zeigt er uns, was Artur ausmacht, was ihn antreibt und was ihn an den Punkt gebracht hat an dem er sich gerade befindet. Daniel Day-Lewis ist es erst kürzlich in „Der seidene Faden“ gelungen, einen zwanghaften Egozentriker so zu spielen, dass seine Zwänge für den Zuseher nachvollziehbar werden. Josef Hader gelingt hier ein ähnliches Kunststück, aber auf andere Art und Weise. Obwohl Hader in Interviews seit Jahren immer wieder betont, gar kein Schauspieler zu sein sondern das „nur nebenbei zu machen“, zeigt er in seinen besten Filmen immer wieder feine, nuancierte Darstellungen, wie sie im deutschsprachigen Film viel zu selten zu sehen sind.
 
Der Star des Films ist aber Hannah Hoekstra als Claire. Die noch recht unbekannte niederländische Schauspielerin hat bisher sowohl für Kino als auch Fernsehen gearbeitet und ist sogar im Play-Station-Spiel „Horizon Zero Dawn“ zu sehen. In ihrer Heimat arbeitet sie aber vor allem am Theater. „Arthur & Claire“ basiert auf einem Theaterstück und vielleicht zeigt Hoekstra auch deshalb so eine erstaunliche Leistung. Sie spielt zornig ohne pampig zu wirken. Sie spielt energetisch ohne manisch zu wirken. Sie zeigt große, tief empfundene Gefühle ohne theatralisch zu werden. Wenn sie lacht wird nicht nur für Arthur der Raum heller. Genauso wie Claire Arthur immer wieder Paroli bietet und seine Pläne durcheinander bringt, so ist Hoekstra eine kongeniale Partnerin für Josef Hader. Sie lässt das Spiel des älteren Kollegen tiefer wirken und umgekehrt lässt Hader die junge Frau glänzen. Selten sah man zwei Schauspieler so hervorragend miteinander arbeiten.
 
Fazit
 
Hannah Hoekstra und Josef Hader spielen über kleine Schwächen der Regie und des Drehbuchs hinweg und machen aus „Arthur & Claire“ ein Fest für zwei Schauspieler.
 
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