DKDL 160x600 Wide Skyscraper Dis Kinoservice JETZT TS

 
nflix news

Kritik: They See You

sub kritik
 
Autor: Christopher Diekhaus
 
Wie der Papa, so das Kind: M. Night Shyamalans Tochter Ishana legt ihren ersten Leinwandfilm vor – und liefert dabei ordentliche Arbeit ab. Für ein lange in Erinnerung bleibendes Gruselerlebnis reicht es allerdings nicht.
 
Kein Ausweg
 
Ein Wald, der angeblich von bösen Kreaturen bewohnt wird, stand schon in M. Night Shyamalans kontrovers aufgenommenem Mystery-Thriller „The Village – Das Dorf“ (2004) im Mittelpunkt. Auch seine Tochter zieht es in ihrem Kinodebüt in den dunklen Forst, den Angstraum schlechthin. Anders als bei ihrem Vater sind die im Dickicht lauernden Geschöpfe in „They See You“ allerdings keine von kontrollsüchtigen Menschen erdachten Spukgestalten, sondern reale Bedrohungen.
 
Grundlage des Films ist A. M. Shines Roman „The Watchers“, den Ishana Night Shyamalan in ein Drehbuch gegossen hat. Erfahrungen hinter Kamera sammelte sie bereits bei der Apple-Serie „Servant“ und als Verantwortliche der Second Unit bei M. Night Shyamalans jüngsten Werken „Old“ (2021) und „Knock at the Cabin“ (2023).
 
Nach einem Prolog, der den besagten Wald im Westen Irlands unmissverständlich als verwunschene Todesfalle inszeniert, lernen wir unsere Protagonistin Mina (Dakota Fanning) kennen, die vertraute Muster bedient. Wie so viele Horrorfilmfiguren hat sie einen schmerzhaften Verlust erlitten und lässt nichts unversucht, um diesen zu vergessen. Natürlich bleibt aber die Vergangenheit präsent. Egal, wie weit sie auch flüchtet. Selbst im irischen Galway wird die junge US-Amerikanerin vom 15 Jahre zurückliegenden Tod ihrer Mutter verfolgt.
 
 
Die Umstände wollen wir an dieser Stelle nicht erläutern. Nur so viel: Sie selbst ist mit sich nicht im Reinen, verschleiert manchmal gar ihre Identität. Die eigentliche Handlung setzt ein, als die künstlerisch begabte, in einer Tierhandlung jobbende Mina einen Papagei quer durch die Pampa zu einem Kunden transportieren soll. Auf immer schmaleren Straßen und Wegen fahrend, landet sie plötzlich im bereits eingeführten Wald, aus dem es kein Entrinnen gibt, und trifft beim Umherirren auf eine alte Frau namens Madeline (Olwen Fouéré), die zusammen mit Ciara (Georgina Campbell) und Daniel (Oliver Finnegan) in einem bunkerartigen Bau mitten im Grünen haust.
 
Ihren auf einer Seite verglasten Rückzugsort kann das Trio bloß am Tage verlassen, darf bestimmte, mit Schildern markierte Grenzen nicht übertreten, muss sich bei Sonnenuntergang wieder im Betonkomplex einfinden und sich irgendwann, wenn die unheimlichen Waldbewohner im Dunkeln aus ihren Erdhöhlen kriechen, brav und artig vor der großen Scheibe aufreihen, damit die Wesen sie begutachten können. Wer diese Regeln einhält, überlebt, so schärft es Madeline dem Neuankömmling ein. Mina jedoch ist wild entschlossen, dem Wald schnellstmöglich den Rücken zu kehren.
 
Konventionelle Mittel, souverän eingesetzt
 
Besonders originell ist das, was die Romanvorlage bzw. Shyamalans Drehbuch bietet, sicherlich nicht. Die irische Sagenwelt diente schon mehrfach als Aufhänger für einen Horrorfilm, etwa in Lee Cronins Schauermär „The Hole in the Ground“ (2019), mit der es ohnehin einige motivische Überschneidungen gibt. Auch der beliebte Genretopos des Moral und Anstand hinter sich lassenden Forschers findet Eingang in die Handlung von „They See You“.
 
01 ©2024 Warner Bros Pictures02 ©2024 Warner Bros Pictures04 ©2024 Warner Bros Pictures07 ©2024 Warner Bros Pictures
 
Erfrischend ist, dass sich in diesem Fall die Schicksalsgemeinschaft einmal nicht auf billige Weise zerfleischt. Da, wo Spannungen zwischen den vier im Wald gestrandeten Figuren auftreten, hätte man die Konfrontationen jedoch manchmal etwas eindringlicher gestalten können. Zum Beispiel in der Szene, in der es plötzlich an der Bunkertür klopft und eine Person von ihren Gefühlen übermannt wird.
 
In puncto Logik darf man keine allzu strengen Maßstäbe anlegen. Vor allem der Unterschlupf im Wald und sein Entstehen werfen einige Fragen auf. Wer darüber hinwegsehen kann, bekommt einen Horror-Fantasy-Mix serviert, der eine passable Gruselstimmung aufbaut. Shyamalan und Kameramann Eli Arenson nutzen das schier endlose Dickicht routiniert als Gefahrenkulisse, freilich ohne die ganz großen Schockmomente aus dem Ärmel zu schütteln. Augen leuchten im Dunkeln auf. Auf der Tonspur knirscht und knackt es. Und immer mal wieder verschwinden blitzartig Gegenstände oder Schatten aus dem Bild. Das kleine Einmaleins des Schauerkinos eben.
 
M. Night Shyamalan, der hier als Produzent fungiert, schrieb sich – „The Sixth Sense“ (1999) sei Dank – als leidenschaftlicher Twist-Erzähler in die jüngere Filmgeschichte ein. Und auch seine Tochter scheint sich für finale Enthüllungen begeistern zu können, die zuvor Gesehenes in ein neues Licht rücken. „They See You“ läuft auf eine Offenbarung hinaus, die allerdings nicht für völlige Verblüffung sorgen dürfte. Hinweise und Andeutungen auf mehreren Ebenen bereiten die Wendung vielleicht etwas zu offensichtlich vor. Andererseits: Ist es nicht besser so, als wenn ein Film uns aus heiterem Himmel eine große Story-Volte vor den Latz knallt?
 
Fazit
 
M. Night Shyamalans Tochter Ishana gelingt bei ihrem Kinodebüt keine Mystery-Perle. So schlecht, wie es die vom Verleih verhängte Veröffentlichungssperrfrist für Kritiken bis zum Starttag nahelegt, ist die Romanverfilmung aber sich nicht. „They See You“ bietet solides Gänsehautkino mit Rätselnote und Fantasy-Einschlag.
 
 
Unterstütze FantasticMovies.DE: