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*** Black Widow ***

 
dfdh kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Weil „Avengers: Endgame“ also doch nicht das Ende war, bekommt nun mit „Black Widow“ auch die lange Zeit einzige weibliche Heldin der Avengers ihren eigenen Film. Geplant war der eigentlich schon vor diesem letzten Teil. Aufgrund von Corona musste der Kinostart allerdings verschoben werden. Aber hat sich das lange Warten wirklich gelohnt?
 
Long, long time ago …
 
Irgendwann nach „The First Avenger: Civil War“ aber noch vor „Avengers: Infinity War“, also zwischen zwei Kriegen, findet die arme Natasha Romanoff, genannt „Black Widow“, keinen Frieden. Auf der Flucht vor „S.H.I.E.L.D.“ kann sie in ihrem norwegischen Versteck nur kurz verschnaufen. Aber nicht General Roos und seine Schergen sondern ein neuer, mächtiger Feind hat Natasha aufgespürt. Und zusammen mit ihrer kleinen Schwester muss die schwarze Witwe sich ihrer dunklen Vergangenheit stellen ….
 
„Black Widow“ kann demnächst auf den Filmakademien der Welt als Unterrichtsmittel verwendet werden. Nicht etwa weil der Film ein Meisterwerk wäre. Das ist er sicher nicht. Auch nicht weil der Film in jeder Hinsicht so furchtbar misslungen wäre. Das ist er sicher auch nicht. Dieser Film kann Filmstudenten als Anschauungsobjekt dienen, weil er absolut generisch ist. „Black Widow“ ist nicht bloß ein allgemeingültiges Beispiel für modernes Popcorn-Kino. Dieser Film ist DAS allgemeingültige Beispiel für modernes Popcorn-Kino.
 
Es ist als hätte man alle Comicverfilmungen, alle Blockbuster, alle Jason-Bourne/James-Bond-Filme, jeden Action-Kracher mit einer Altersfreigabe ab 12 Jahren der letzten 25 Jahre zusammengefasst um den statistischen Mittelwert all dieser Filme zu definieren. Und so ist kaum etwas an diesem Film wirklich schlecht, aber leider auch nichts wirklich gut. Kein einzelner Teil dieses Films ist für sich halbwegs interessant. Nichts ist besonders. Die Einzelteile sind fast austauschbar. Und so entsteht am Ende mit sichtbar großem Aufwand ein Ganzes, das nicht schlecht, aber auch nicht gut und damit auch weitgehend austauschbar ist.
 
 
Zukünftige Filmstudenten können hier in einem Film sehen, was es alles für einen halbwegs gelungenen Unterhaltungsfilm braucht. Der Beginn des Films in „Ohio 1995“ ist ein geradezu lächerlich aufdringliches Musterbeispiel für eine Film-Kindheit in der amerikanischen Provinz. Wir sehen Glühwürmchen am hellen Tag, zum Abendessen gibt es natürlich unter anderem Maiskolben und Dad braucht sein Ranch Dressing, … das Ganze kann nur eine Farce sein.
 
Und weil man im Popcorn-Kino nie lange auf eine Action-Sequenz warten darf, geht es auch schon los mit dem Start eines Flugzeugs von einer Landebahn, die nur unwesentlich kürzer sein kann als die mittlerweile legendäre Landebahn aus „Fast & Furious 6“. Dann folgt ein bisschen von dem was man in Filmen wie diesem wohl „Handlung“ zu nennen gezwungen ist. Dann kommt natürlich wieder eine Actionsequenz, weil man ja auf diese nicht zu lange waren darf. Diese frühe Kampfszene liefert eine weitere Standard-Situation: die Heldin, die ein Kunststück vorführt, das später wichtig sein wird.
 
Auf eine homöopathische Dosis „Handlung“ folgt eine weiter Standard-Situation: zwei Figuren liefern sich einen minutenlangen, erbarmungslosen Kampf, nachdem mindestens eine wenn nicht beide auf der Intensivstation landen müssten. Aber – Überraschung – die beiden kennen einander und sind Verbündete! Wer hätte das gedacht? Bloß jeder, der den Trailer zu Film gesehen hat.
 
Did you write the book of love …? (Achtung Spoiler!)
 
Solche und ähnliche Standardsituationen bekommen wir im Minutentakt geboten. Drehbuchautor Eric Pearson hat mit „Thor: Ragnarok“ einen der unterhaltsamsten und originellsten Marvel-Filme überhaupt geschrieben. Vielleicht liegt es an Cate Shortland, die zum ersten Mal einen Film dieser Größenordnung inszeniert hat, warum „Black Widow“ nie richtig interessant wird. In 132 Minuten liefert sie uns sämtliche Standard-Situationen des Popcorn-Kinos, ohne auch nur eine davon besonders spannend oder besonders witzig oder auch nur sonstwie besonders gestalten zu haben.
 
Der ehemalige Superheld schlägt jeden im Armdrücken. Weil wir sowas schon oft genug gesehen haben, wissen wir das sollte witzig sein. Ist es aber nicht. Immer wieder greifen gehirngewaschene Supersoldaten an. Kennen wir aus anderen Marvel-Filmen, sollte spannend sein. Ist es aber nicht. Der alternde Held passt kaum in seine alten Klamotten. War „The Incredibles“ witzig, hier aber nicht. Einer der Supersoldaten wirft im Kampf immer wieder ein Schild. Auch bekannt. Sollte cool wirken, tut es aber nicht. Es gibt sogar wieder eine in den Wolken schwebende Kampfstation, die uns kalt lässt. Und Tom Cruise hat angerufen, er will seine Masken aus „Mission: Impossible“ zurück.
 
01 ©2021 MARVEL Studios02 ©2021 MARVEL Studios03 ©2021 MARVEL Studios05 ©2021 MARVEL Studios
 
Alles ist so generisch, dass man schon mal das Interesse verlieren kann. Den Machern des Films ging es wohl ähnlich. Warum sprechen wieder einmal alle Russen untereinander Englisch mit russischem Akzent? Sogar solche, die jahrelang in den USA als amerikanische Familie zusammengelebt haben? Warum sehen wir jemanden eine Handgranate werfen, aber nicht wie diese explodiert? Und warum verblutet die Frau nicht, während sie mit einer Privatmaschine von Ohio nach Kuba fliegt? Warum ist ein Panzer schneller als ein Motorrad, sogar wenn er während der Fahrt jede Menge PKWs zerstört? Und wie viele unschuldige Verkehrsteilnehmer gehen dabei drauf?
 
Cate Shortlands Inszenierung ist nicht wirklich langweilig. Aber sie wirkt irgendwie uninteressiert und schafft es während des ganzen Films nicht ein einziges Mal, uns zu beeindrucken. Ein Gefängnisausbruch erinnert an „Malen nach Zahlen“. In einem Film, in dem sogar Hubschrauberabstürze einfach so passieren ohne halbwegs spannend oder auch nur lustig zu sein, fallen auch die Insider-Gags zum Marvel-Universum sehr bemüht und damit nicht besonders witzig aus. Es ist wirklich merkwürdig: diesem Film fehlt nichts. Wir bekommen alles geboten, was man in einem Popcorn-Film erwarten darf. Wirklich alles. Es ist bloß nichts davon irgendwie besonders.
 
Bye bye, Miss American Pie …
Dazu passen dann auch die Leistungen der Darsteller. „Black Widow“ war immer eine der uninteressantesten Marvel-Figuren. Die Frau deren Superkraft es ist, sehr gut mit Pistolen schießen zu können, ist eben auch leider viel zu generisch ausgefallen. In diesem Solo-Film fällt es daher umso deutlicher auf, wie wenig Scarlett Johansson mit dieser Figur anzufangen weiß.
 
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Florence Pugh („Midsommar“) spielt die Figur, der trotzigen, jugendlichen Heldin, die wir nun wirklich bereits in Hunderten anderer Filme gesehen haben, mehr oder weniger genauso wie wir sie bereits in Hunderten anderer Filme gesehen haben.
 
Der großartige David Harbour („Stranger Things“) verschwendet sein Talent in einem mittelmäßigem Casting für die Nebenrolle jedes beliebigen alternden Helden in jedem beliebigen Blockbuster der letzten und der nächsten 25 Jahre.
 
Rachel Weisz‘ („Der ewige Gärtner“) Casting für jede beliebige Mutterrolle in jedem beliebigen Blockbuster der letzten und der nächsten 25 Jahre ist nicht annähernd so gut ausgefallen wie das ihres Kollegen David Harbour. Aus irgendeinem Grund hat man das Material trotzdem in den Film geschnitten.
 
Der immer zuverlässige Ray Winstone („Cats“) spielt einen so austauschbaren Schurken, das ich den Namen der Figur vergessen habe. Nennen wir ihn „den, den die anderen umbringen wollen“.
 
Fazit
 
Eine der langweiligeren Avengers bekommt ihren eigenen Film. Der passt haargenau sowohl zur Heldin als auch ins moderne Popcorn-Kino. Nicht besonders spannend, nicht besonders witzig, nicht besonders unterhaltsam, … leider einfach nichts Besonderes.
 
 
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