Natürlich ist die Story nicht frei von Schwächen. An einer Stelle unterhalten sich zwei der fiesen Decepticons irgendwo auf der anderen Seite des Universums darüber, wie wichtig es sei, Bumblebees Signal und damit seinen Aufenthaltsort zu orten, obwohl einer ihrer Kameraden ihn doch bereits einige Zeit zuvor auf der Erde entdeckt hatte. Aber nochmal: dieser Film hat wenigstens eine Story. Die bisherigen Filme der Serie hatten bloß Dialogpassagen, die eine gigantische Roboterschlacht mit der nächsten verbunden haben.
Zum Geburtstag ein Pickel auf der Stirn
Und „Bumblebee“ hat sogar noch mehr zu bieten. Zum ersten Mal in der Serie erinnern die irdischen Protagonisten im Film an reale menschliche Wesen. Shia LaBeouf und Mark Wahlberg haben in den früheren Filmen nur Stichwortgeber für die Roboter gespielt. Und die bisher von Megan Fox, Rosie Huntington-Whiteley, Laura Haddock und Co dargestellten Figuren wird hoffentlich niemand für so etwas Ähnliches wie echte Frauen halten (falls doch, bitte dringend einen Therapeuten aufsuchen. Ernsthaft, da braucht es professionelle Hilfe).
Die Heldin des neuen Films wird von ihrem kleinen Bruder genervt, von ihrer Mutter nicht verstanden und von den coolen Mädchen in der Schule gemobbt. Trotzdem gibt sie nicht auf. Nicht einmal das furchtbare Geburtstagsgeschenk ihrer Mutter kann sie entmutigen. Charlie ist bereit für einen rostigen alten VW-Käfer zu arbeiten. Jawohl, sie ist bereit sich ihr erstes Auto zu erarbeiten.
Wie erfrischend es ist, einen Transformers-Film mit einem echten Drehbuch zu sehen, zeigt ein direkter Vergleich der entsprechenden Sequenzen. Wir erinnern uns: Im ersten Teil war der jugendliche Held noch enttäuscht, weil er statt des erhofften neuen Porsches bloß einen alten Camaro bekommen hatte. Wie sollte man denn mit einem Gebrauchtwagen die Mitschülerin beeindrucken, die sich kleidete wie eine Stripperin, die mit der Miete drei Monate im Rückstand ist? Charlie hingegen ist nicht bloß dankbar für ihren alten VW-Käfer. Der Film lässt uns mit seiner Heldin das echte Gefühl von Freiheit und Aufbruch teilen, das einem jungen Menschen vom ersten eigenen Auto vermittelt wird.
Wenn Charlie dann erkennt, dass unter dem Blech ihres Autos mehr als bloß ein luftgekühlter Motor steckt, entwickelt sich das nicht zu einer Slapstick-Sequenz, wie wir sie in Teil Eins gesehen haben. Diese Szene von ängstlicher Annäherung zwischen der jungen Erdenbewohnerin und dem Roboter aus dem All erinnert nicht von ungefähr an eines der großen Meisterwerke der Achtziger Jahre. Einer der Produzenten von „Bumblebee“ heißt Steven Spielberg. Und wenn „Bee“ versucht, sich in der Garage zu verstecken, erinnert sich manch einer vielleicht daran, wie „E.T.“ damals im Gartenschuppen entdeckt wurde.
Das ist nicht die Air Force
Natürlich bietet auch „Bumblebee“ alles, was man von einem „Transformers“-Film erwartet. Aber wo einen die früheren Filme der Serie ein bisschen an Roboter-Pornos erinnerten (dauernd fielen haushohe Metallwesen in Nahaufnahme übereinander her und lagen miteinander im Clinch, während das Ganze bloß ab und zu von einfältigen Dialogen unterbrochen wurde), geht man auch hier andere Wege. Mit einer großen Schlacht am Anfang, zwei oder drei gutgemachte kleineren Actionsequenzen dazwischen und einem spannenden, nachvollziehbaren Endkampf bekommen wir in diesem Film eine angenehm klassische Dramaturgie geboten. Auch hier erinnert der Film wohltuend an Blockbuster vergangener Zeiten, als man mit gutgemachten CGI-Sequenzen noch spannende Geschichten erzählt hat, bevor die CGI-Sequenzen die spannenden Geschichten dann komplett ersetzt haben.
Natürlich hätte Regisseur Travis Knight das alles ein wenig sorgfältiger inszenieren können. Charlie braucht am Ende ungefähr vier Zehntelsekunden, um die außerirische Technik eines Transmitters zu durchschauen und hat in weiteren sechs Zehntelsekunden einen Plan ausgearbeitet, diesen auszuschalten. Die gesamte Nebenhandlung um Charlies Vergangenheit als Turmspringerin ist pure Zeitverschwendung und die kurze Auflösung während des Finales einfach nicht wert. Am Ende sehen wir ein Haus als Tatort abgesperrt, obwohl es dort gar keinen Anlass zu einem Polizeieinsatz gegeben hat. Aber von solchen Kleinigkeiten wird die angenehme Erfahrung, von einem „Transformers“-Film keine Kopfschmerzen bekommen zu haben, nicht geschmälert.
Von Robotern und Menschen …
Hailee Steinfeld hätte bereits mit gerade mal vierzehn Jahren den Oscar für Ihre Rolle in „True Grit“ verdient. Seither wurde ihr Talent in einer Reihe furchtbarer Filme verschwendet („Ender’s Game“, „3 Days to Kill“). Es ist vor allem ihrer sympathischen Darstellung zu verdanken, wenn uns ihre Figur ans Herz wächst.
Wrestler John Cena hat nach einigen Rollen als Held in mittelmäßigen Actionfilmen in den letzten Jahren seine eigene Nische mit der Darstellung komischer Nebenrollen gefunden. Seine Auftritte bildeten die Höhepunkte von Filmen wie „Sisters“ und „Daddy’s Home 2“. Daher ist es schade, wenn seine Rolle hier ein bisschen wie die bloße Einleitung zu einem größeren Auftritt in der Fortsetzung wirkt. Wirklich gelungen ist nur die Szene, in der ein Kriegsveteran einen anderen als ebensolchen erkennt.
Der junge Jorge Lendeborg Jr. spielt einen glaubwürdigen verliebten Teenager. Wenn wir am Ende nicht die übliche Entwicklung einer Filmromanze sehen, tut es uns für seine Figur fast leid. Dem Film tut diese erfrischende Abkehr von bekannten Mustern aber nur gut.
Und auch die mechanischen Darsteller zeigen in diesem Film bessere Leistungen als in den früheren Filmen. Vor allem der Titelheld hat sich von der komischen Nebenfigur zu einem echten Charakter entwickelt. Mehr als einmal erinnert er wohltuend an Roboter mit Persönlichkeit, wie „Nr. 5“ oder „The Iron Giant“.
Vielleicht klingt das lächerlich: Aber die Transformers wirken in diesem Film „realistischer“ als bisher. So realistisch, wie sich in Autos verwandelnde Roboter aus dem All eben wirken können. Nicht nur Bumblebee, sondern auch Optimus Prime und die anderen Transformers sind alle etwas kleiner geworden. Bumblebee passt fast (aber eben leider nur fast) durch eine normale Haustür. Und Optimus Prime ist nicht mehr ganz so groß wie ein Mehrfamilienhaus. Das lässt sie nahbarer wirken und macht die Interaktion mit den menschlichen Figuren nachvollziehbarer. Der Look der Roboter wurde etwas verändert. Sie haben nun ein etwas übersichtlicheres Äußeres, das an die frühen Zeichentrickversionen erinnert.
Fazit
„Bumblebee“ besteht anders als seine Vorgänger nicht zu 97% aus miteinander kämpfenden CGI-Robotern. Das lässt dem Film Zeit für die Handlung und die Figuren. Zusammen mit einigen gutgemachten Actionsequenzen ergibt das unterhaltsames Popcorn-Kino für Filmfans, die aber besser mindestens 10 Jahre alt sein sollten.