Bereits vor einigen Jahren drehte Ritchie mit „Codename U.N.C.L.E.“ das Kinoremake einer Agentenserie aus den 1960er-Jahren. Und mit „Operation Fortune“ (Na also, ich komme ja doch noch auf den aktuellen Film zu sprechen!) bezieht er sich nun auf die James-Bond-Filme und ihre vielen Nachahmer aus der gleichen Epoche. Dass Konzept, sich über die vielen Unwahrscheinlichkeiten und Eigenheiten dieser Filme lustig zu machen weist aber zwei Probleme auf.
Zum einen wurde diese Idee mit „Kingsman: The Secret Sevice“ bereits vor einigen Jahren großartig umgesetzt. Das andere Problem sind die drei Drehbuchautoren. Zwei der drei Autoren sind sicher weder die zweitbilligste noch die billigste Wahl aus der Oberklasse internationaler Drehbuchautoren, weil sie dieser nicht angehören. Marn Davies und Ivan Atkinson konnten bisher nur als Co-Autoren bei zwei weiteren Filmen Guy Ritchies Erfahrung sammeln. Und der dritte Autor heißt wie bereits bei „The Gentlemen“ und „Cash Truck“ wieder Guy Ritchie.
Ritchie hat bisher bei fast jedem seiner Filme zumindest am Drehbuch mitgeschrieben. Und seine Drehbücher passen zu seinem Regiestil. Denn sie sind einfach kaum je so witzig, spannend und originell wie Ritchie meint. Manchmal kann einen Ritchies Stil durchaus kurzweilig unterhalten („Snatch“). Zuweilen geht das Konzept nur halbwegs auf („Rock N Rolla“). Und manchmal haut Ritchie komplett daneben („Swept Away“). „Operation Fortune“ (Achtung: ab jetzt geht es wieder um den aktuellen Film) liegt irgendwo dazwischen.
Wie so oft bei Ritchie lassen Drehbuch und Regie erkennen, was der Filmemacher im Sinn hatte. Man erkennt sofort die Vorbilder und schmunzelt über die eine oder andere Reminiszenz. Zu Beginn von „Operation Fortune“ gibt es ein paar nette kleine Scherzchen über Spesenkonten, Reisegewohnheiten und die Verpflegung im Einsatz, die James Bonds lächerlich überzogenen Lebensstil aufs Korn nehmen. Diese sind durchaus gelungen. Aber irgendwann sind sie auch durch.
Die Wortspiele und Oneliner in alten Bondfilmen waren sicher nicht der Hauptgrund, diese Filme anzusehen. Aber bereits ein erstes Wortspiel in „Operation Fortune“ wirkt so aufgesetzt, das es einfach nur stört. Weitere Wortspielchen, vor allem zwischen dem Helden und einem weiblichen Teammitglied, klingen einfach nur verkrampft. Wenn eine Figur dann mitten Film anfängt, ihre Wortspiele zu erklären, wird die Grenze des Erträglichen erreicht. Offensichtlich hat Guy Ritchie noch nie von einer der goldenen Regeln des Humors gehört: kein Scherz wird besser, wenn man ihn erklärt.
Überhaupt wird in Ritchies neuestem Film viel zu viel erklärt. Fast alles was wir gerade auf der Leinwand sehen, wird uns fast immer auch vorher, währenddessen oder gerne auch nachher erläutert. Über ein Auto aus der Sammlung des Waffenhändlers wird so lange gesprochen, dass die anschließende Verfolgungsjagd damit doppelt enttäuschend ausfällt. Einmal weil Ritchies Regie nie ein Gefühl von Gefahr oder Geschwindigkeit vermittelt. Und dann natürlich weil der vorangegangene Dialog die Erwartung zu hoch geschraubt hat.
An mindestens zwei Stellen sprechen Figuren auf der Leinwand über eine Massage, die nie zu sehen ist und die auch komplett folgenlos bleibt. Vielleicht hat Ritchie im Schneideraum den Überblick über seinen Film verloren. Oder er meinte mittlerweile, ein Hörspiel und keinen Film gemacht zu haben. Am Ende gerät der Film zu lang und wirkt trotzdem, als würden Teile fehlen. Daran mag eine merkwürdige Entscheidung des Studios Anteil haben.
Coming Soon (?)
Der Start von „Operation Fortune“ war ursprünglich für das erste Halbjahr 2022 angekündigt. Weil einige der vielen Bösewichte im Film Ukrainer sind, wurde der Start des Films dann verschoben. Diese Entscheidung ist doppelt lächerlich. Zum einen macht Putins Überfall auf die Ukraine nicht automatisch alle Ukrainer zu Heiligen. Zum anderen gibt es im Film so viele Bösewichte, dass das absolut nebensächlich sein sollte. Eine der größten Schwächen des Films sind seine vielen langweiligen, austauschbaren Schurkenfiguren, die niemand ernst nehmen kann und die niemals bedrohlich wirken.
Die Besetzung wirkt, als hätte man sich tatsächlich immer an die zweitbilligste Wahl aus dem oberen Regal gehalten. Jason Statham wurde mit Auftritten in Ritchies ersten beiden Filmen bekannt. Seit „The Transporter“ ist er ein Star, aber nicht unbedingt erste Garde. Viele seiner Filme erscheinen direkt auf DVD oder Streaming-Diensten. Er ist Teil der „Expendables“, aber sicher einer der entbehrlicheren. Er war Teil der „Fast & Furious“-Reihe, aber seine Versuche eine eigene Filmreihe zu tragen, verliefen im Sand. Teil 2 und 3 von „The Transporter“ fielen schwach aus. „Parker“ hätte der Beginn einer Serie sein sollen, stieß aber auf wenig Interesse.
Aufmerksame Filmfans werden auf den Plakaten von „Operation Fortune“ den Untertitel „Ruse de Guerre“ entdecken. Offensichtlich hat man auch hier eine Serie im Sinn. Aber man fragt sich, ob Jason Statham der Richtige dafür ist? Leute wie Statham bezeichnet man links vom Atlantik als „one-trick-pony“, als Pferd das nur ein einziges Kunststück draufhat, dieses aber immer und immer wieder vorführt. Und auch in „Operation Fortune“ spielt Statham wieder mehr oder weniger die gleiche Figur, die er in „The Transporter“, „The Expendables“, „Hobbs & Shaw“ und anderen Filmen gespielt hat. Die feinen Anzüge des Superspions wollen ihm einfach nicht recht passen.
Talking of „one-trick-ponies“ ... Aubrey Plaza war großartig als schräge April Ludgate in der unterschätzen Fernsehserie “Parks and Recreation”. Aber ihre Rollen in „Mike and Dave Need Wedding Dates“ und „Dirty Grandpa“ wirkten wie Variationen der Rolle mit der sie bekannt geworden war. In „Operation Fortune“ wirkt sie als Verführerin leider nicht verführerisch und in witzigen Szenen nicht besonders komisch. Das ist sicher nicht Plazas Schuld, sondern liegt an der Regie und vor allem am schwachen Drehbuch mit seinen noch schwächeren Dialogen. Aubrey Plaza wurde hier zuerst fehlbesetzt und dann von Guy Ritchie im Stich gelassen.
Josh Hartnett wurde um die Jahrtausendwende mit Filmen wie „Pearl Harbour“ und „Black Hawk Down“ zum Star. Nach Flops wie „Hollywood Cops“ und „Black Dahlia“ hat er in den letzten Jahren eher in kleineren Filmen mitgewirkt, von denen viele bei uns nie im Kino gelaufen sind. Seine Darstellung im Film bleibt farblos und uninspiriert und wirkt nie richtig lustig oder auch nur interessant. Hartnett wirkt nicht einmal wie die zweitbilligste Wahl.
Cary Elwes hätte seit Jahrzehnten ein internationaler Star sein können, wenn „Die Braut des Prinzen“ besser vermarktet worden und „Tage des Donners“ nicht so offensichtlich „Top Gun“ mit Autos gewesen wären. Hugh Grant war ein Jahrzehnt lang ein Superstar, weil sich Millionen Frauen in seinen jungenhaften Charme verliebt hatten. Mit mittlerweile über Sechzig ist an Grant schon lange nichts mehr „jungenhaft“. Aber Charme hat er noch immer. Elwes und vor allem Grant spielen besser als es Drehbuch und Regie zulassen sollten. Hier geht das Rezept mit der zweitbilligsten Wahl sogar auf