Vor 60 Jahren erschien Sebastian Lybecks Kinderbuch „Latte Igel und der magische Wasserstein“ in Deutschland. Seitdem hat das Buch ganze Generationen begeistert, sich mehr als 600.000-mal verkauft und wurde mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Für die filmische Umsetzung machte sich die Drehbuchautorin Andrea Deppert stark, die sich wohlig an ihr eigenes Leseerlebnis als Kind erinnerte und bei den Animation Production Days in Stuttgart Gleichgesinnte fand. Dennoch war es ein harter und steiniger Weg, den Film in die Kinos zu bringen. Es hat sich aber gelohnt.
Wassermangel
Im Wald herrscht Unruhe, denn seit langem sind die Bewohner von einer Dürre geplagt. So sehr, dass die immer kümmerlicher werdenden Wasserbestände in einem Kürbis gesammelt werden. Als das Eichhörnchen Tjum und das Igelmädchen Latte in Streit geraten, stürzt er in den Kürbis, der zerplatzt. Die Lage wird damit für die Waldbewohner noch unangenehmer. Bei einem Meeting schwadroniert ein Rabe vom sagenumwobenen Wasserstein, mit dem sich der Fluss wieder auffüllen lässt. Aber die Tiere halten das für erfundenen Quatsch.
Nur Latte sieht das anders. Da sie sich etwas schuldig fühlt und ohnehin von den anderen Tieren gedisst wird, beschließt sie, es allen zu zeigen und alleine nach dem Wasserstein zu suchen. Doch schon bald erhält sie Verstärkung, denn Tjum möchte sie auf keinen Fall alleine gehen lassen, ist die Reise zum Bärenkönig Bantur, der den Wasserstein gestohlen haben soll, doch lange und gefährlich.
Liebevolle Umsetzung
LATTE IGEL UND DER MAGISCHE WASSERSTEIN überzeugt durch ein liebevolles Design der Figuren. Es sorgt für eine Vermenschlichung der Tiere, verzichtet aber anders als etwa der Klassiker PETER HASE darauf, ihnen auch Kleidung zu geben. Obwohl alles ein märchenhaftes Ambiente hat, wollte man zumindest in dieser Beziehung an der Realität orientiert sein, zumal man auch nicht verschweigt, dass manche Tiere des Waldes einander fressen. So sieht man auch, wie Latte sich eine Schnecke einverleibt.
Inhaltlich ist der Film topp, technisch gesehen ist er allerdings nicht auf der Höhe. Zwar stand mit einem Budget von 7,5 Millionen Euro reichlich Geld zur Verfügung, Animation ist aber auch entsprechend teuer. Man sieht hier schon den Unterschied zu den großen Hollywood-Produktionen, was sich vor allem in zwei Problembereichen widerspiegelt. Das eine ist das Wasser, das hier sprudelt und spritzt, und das nicht nur während des amüsanten Bären-Wasserballetts, aber eben auch Natürlichkeit vermissen lässt. Das andere ist das Fell und deutlich problematischer, weil es in jeder Einstellung auffällt. Der Detailreichtum des Fells ist überschaubar ausgefallen, ebenso wie die natürliche Bewegung des Fells. Das ist etwas, das Disney oder Pixar zur Perfektion gebracht haben, aber eben auch mit Budgets, die zwanzigmal so hoch sind wie das von LATTE IGEL UND DER MAGISCHE WASSERSTEIN.
Flottes Abenteuer Während man technisch also Abstriche machen muss, ist das inhaltlich nicht so. Tatsächlich wirkt die Geschichte aktueller denn je, da sie sich mit ökologischen Problemen befasst, so dass man die Wasserknappheit auch als Metapher für die mannigfaltigen Umwelt-Probleme sehen kann, die es heute gibt.
So wird ein wichtiges Thema aufgegriffen, der Spaß am Abenteuer wird darüber aber nicht vernachlässigt. Tatsächlich ist der Film auch in dieser Beziehung ausgesprochen schön, weil er es versteht, auf mehr als nur einer Ebene zu überzeugen. Er kann oberflächlich goutiert werden, er bietet jedoch auch reichlich ernste Themen.
Fazit
LATTE IGEL UND DER MAGISCHE WASSERSTEIN ist ein schöner Film, der technisch zwar eher auf dem Niveau einer gut gemachten Animationsserie ist, aber dafür inhaltlich punkten kann, da er sich auch damit befasst, wie eine Gesellschaft profitieren kann, wenn alle am selben Strang ziehen und nicht gegeneinander agieren. Der Film funktioniert für die ganze Familie, was auch daran liegt, dass das Buch ganze Generationen begeistert hat, die sich nun gemeinsam filmisch in die Welt von Latte Igel entführen lassen können.