*** Hotel Artemis ***

 
ha kritik
 
Autor: Walter Hummer
         
Wie selten sehen wir im Kino Filme, die auf einer originellen Idee basieren? Wenn so eine originelle Idee dann nur halbwegs kompetent umgesetzt wird, ist der Kinoabend doch schon fast gerettet.
 
21. Juni 2018
 
Nach einem missglückten Raubüberfall sucht ein Brüderpaar medizinische Hilfe im Hotel Artemis. In dieser illegalen Unterweltklinik verarzten die Krankenschwester (Jodie Foster in ihrem ersten Film seit 5 Jahren) und ihr Pflegehelfer Everest (Dave Bautista und ja, er heißt so, weil er so groß ist) ihre Patienten nach strengen Regeln. Die Brüder Waikiki und Honolulu treffen dort auf die anderen Patienten, die gefährliche Nizza (Sofia Boutella) und den Waffenhändler Niagara (Charlie Day). Während draußen in Los Angeles ein Aufstand tobt, wird noch ein ganz besonderer Hotelgast erwartet …
 
Ein viel zu großer Teil der Filme, die Jahr für Jahr ins Kino kommen, ist furchtbar unoriginell. In romantischen Komödien geht es meistens um eine Frau mit dem Charakter einer Heiligen und dem Aussehen eines Modells, die einfach nicht den Richtigen findet. In Agentenfilmen geht es fast immer darum, den unnötig komplizierten Plan eines Bösewichtes zu durchkreuzen. In Actionfilmen will der Held allzu oft bloß seine Ruhe, bis es persönlich wird. Und in Gangsterfilmen will der coole Verbrecher nur noch dieses eine letzte Ding durchziehen und sich dann zur Ruhe setzen.
 
 
In Drew Pearce‘s (Drehbücher für „Iron Man 3“ und „Mission Impossible – Rogue Nation“) erstem Spielfilm als Regisseur ist dieses eine letzte Ding schon am Anfang schief gelaufen. Wenn sein Film trotzdem spannend bleibt, dann liegt das vor allem an der originellen Geschichte und dem interessanten Ort an dem sie spielt. Ohne uns alles zu erklären, zeigt Pearce uns viele kleine Details, die ein schräges aber faszinierendes Ganzes entstehen lassen. Wenn wir die Whiskeyflasche auf dem Nachttisch stehen sehen, brauchen wir keinen Dialog, der uns erklärt, dass hier jemand ein Alkoholproblem hat. Wenn es zu den Vorbereitungen auf die Ankunft eines neuen Gastes gehört, das Zimmer mit Schmerzmitteln zu bestücken und das Sofakissen umzudrehen, damit man die Blutflecken nicht gleich sieht, erkennen wir schnell, diese Geschichte spielt in einem ganz besonderen Hotel. Wenn man beim Check-In nicht durch die Stahltür kommt, ohne gescannt zu werden, darf man vermuten, dass man das Hotel Artemis nicht auf expedia.de oder booking.com finden wird.
 
Neben der spannenden Handlung bietet der Film auch noch eine gehörige Portion Gesellschaftskritik. „Cops kill poor people. Poor people kill cops. That’s the circle of life. Hakuna Matata”, klärt uns eine der Figuren auf. Der amerikanische Waffenhändler muss seine Überlegenheit gegenüber einer europäischen Patientin betonen. Und eine Killerin erklärt, man könne sich nicht aussuchen, worin man gut sei. Drehbuchautor und Regisseur Pearce weiß aber ganz genau, welcher Figur und vor allem welcher Schauspielerin er die besten Dialogzeilen zu geben hat. Wenn Jodie Foster als müde, alte Krankenschwester erklärt, das sei Amerika und deshalb kämen 85% ihrer Patienten mit Schussverletzungen zu ihr, lässt uns das aufmerken. Ganz nebenbei spricht die Schwester dann noch eine tiefe Einsicht über Eltern und Kinder aus.
 
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„Just another Wednesday“
 
Neben dem Drehbuch ist die Besetzung die zweite große Stärke dieses Films. Die großartige Jodie Foster hat seit mehr als zehn Jahren in keinem halbwegs gelungenen Film mehr mitgespielt. Hier spielt sie zum ersten Mal in ihrer Laufbahn eine ältere Frau. Sie vermittelt uns, wie stark die Krankenschwester ist und lässt uns gleichzeitig fühlen, wie diese Figur vor langer Zeit an einem Verlust zerbrochen ist. Die Kinokarte lohnt sich schon allein wegen Forsters bester Leistung seit mehr als zwanzig Jahren.
 
Sterling K. Brown („This is us“) findet genau die richtige Mischung aus cooler Kompetenz und Besorgnis, die es für seine Rolle des glücklosen Bankräubers braucht.
 
Sofia Boutella hat die gefährliche, geheimnisvolle Frau in ihrer kurzen Karriere schon mehrmals gespielt. Bisher hat sie aber niemals so glaubhaft gewirkt wie hier.
 
Sowohl „Jenny Slate („Zootopia“) als auch Zachary Quinto (Spock in den neuen „Star Trek“-Filmen) überraschen uns in ungewohnten Rollen.
 
Charlie Day („Pacific Rim“) spielt den Kotzbrocken so überzeugend, dass wir uns über alles freuen, was ihm passiert.
 
Nach „Blade Runner 2049“ verleiht Dave Bautista wieder mit einer Nebenolle einem ganzen Film das nötige emotionale Gewicht. Jeff Goldblum macht, was er in den letzten Jahren immer macht und was kein Schauspieler so gut macht wie er: Er stiehlt in einem Kurzauftritt jedem die Show.
 
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Fazit
 
Eine originelle Idee, ein gutes Drehbuch, fähige Schauspieler, die sinnvolle Dialoge von sich geben, das Ganze dann filmisch halbwegs kompetent umgesetzt … für einen gelungenen Film braucht es gar nicht viel. Und hier bekommen wir genau das geboten.
 
 
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