Unter dem Meer, unter dem Meer …
„Aquaman“ ist natürlich kein schlechter Film. Kaum etwas daran ist komplett misslungen. Aber während 143 Minuten bekommt man schlicht nichts zu sehen, was irgendwie originell wäre. Oder wirklich witzig. Oder wenigstens irgendwie cool. Natürlich ist die Story ziemlicher Unsinn. Das ist bei anderen Superheldenfilmen auch nicht anders. Aber was wir hier an Handlung geboten bekommen, ist zum Teil recht schlecht geklaut. Nicht nur einzelne Szenen, sondern ganze Handlungsstränge erinnern an bessere Filme und Filmserien. Und zwar nicht nur an die naheliegen Vorbilder. Ich fühlte mich mehr als einmal an „Findet Nemo“ erinnert. Übrigens, wer sich den Namen des bösen Halbbruders nicht merken kann, kann ihn auch einfach „nasser Loki“ nennen. Mache ich genauso.
Was nicht „entliehen“ ist, ist oft einfach nur langweilig. An einer Stelle erzählt ein Pirat namens „Manta“ mitten in einem Überfall auf ein russisches Atom-Unterseeboot seinem Sohn, der wohl auch „Manta“ heißt, von dessen Großvater, der auch „Manta“ hieß ohne das diese Geschichte irgendwo hinführen würde. Gut, mir gibt das die Gelegenheit zu einem kleinen Kfz-Wortspiel wenn ich den Großvater „Opa Manta“ nenne. Aber dafür haben sich die Filmemacher ja wohl nicht die ganze Mühe gemacht, oder?
Überhaupt wird in diesem Film sehr viel Dialog gesprochen. „Aquaman“ ist einer dieser Filme, in denen alles was gezeigt wird, auch erklärt wird. Manchmal bevor es gezeigt wird, manchmal danach und meistens sowohl davor als auch danach. In einer Sequenz sprechen Mera und Aquaman davon, sich demnächst in einen „Graben“ am Meeresboden begeben zu müssen. Der „Graben“, so wird uns minutenlang erklärt, sei nämlich sehr gefährlich, weil die Bewohner des „Königreichs des Grabens“ sehr gefährlich sind. Wir hören, dass man nun bald am „Graben“ ankommen werde und schon werden Heldin und Held auf ihrem Boot von gefährlichen Kreaturen angegriffen, die von Mera als Bewohner des „Grabens“ identifiziert werden. Daraufhin tauchen die beiden ganz tief hinab, in einen Spalt am Meeresgrund, den man durchaus auch als „Graben“ bezeichnen könnte. Dort angekommen wird dann auch noch der Schriftzug „Königreich des Grabens“ eingeblendet. Und so geht das den ganzen Film.
Somewhere beyond the sea …
Es ist immer wieder die Regie, die jede Spannung und Originalität vermissen lässt. James Wan hat nach dem großartigen „Saw“ zuerst das formelhafte Rachedrama „Death Sentence“ inszeniert. Danach kamen die formelhaften Horrorfilme „Conjuring 1 und 2“ und „Insidious 1 und 2“. Dazwischen inszenierte er „Fast & Furious 7“ der so formelhaft war, dass er von anderen Filmen der Serie praktisch nicht zu unterscheiden ist.
Alles was in „Aquaman“ zu sehen ist, von den Actionszenen, über die romantischen Szenen bis zu den Sequenzen rund um die Machtspiele unter Wasser, hat man schon dutzende Male gesehen. Und meistens besser. Und wenn einem etwas nicht längst bekannt vorkommt, muss man sich über die Regieentscheidungen manchmal sehr wundern. Warum ist Aquaman als Neunjähriger einen ganzen Kopf kleiner als all seine Klassenkameraden? Jason Momoa ist 193 cm groß. Hat Aquaman erst mit 25 zu wachsen aufgehört? Warum löst ein Tsunami Feuer und Explosionen aus? Warum wird immer wieder von Atlannas „Dreizack“ gesprochen, wenn das Ding doch, wie jeder sehen kann, fünf Zacken hat? Warum trägt Aquaman plötzlich die Klamotten eines Toten? Und was sollen die eingeblendeten Statistiken beim Zweikampf zwischen den Halbbrüdern? Wird der Kampf etwa von HBO übertragen? Oder bloß von RTL?
Bei Blockbustern, und vor allem bei Superheldenfilmen, kommt es vor allen auf den Look an. Aber visuell hat „Aquaman“ nicht viel zu bieten. Natürlich sind die computergenerierten Effekte nicht schlecht. Aber der größte Teil des Films spielt tief unter Wasser, im Halbdunkel. Und auch an Land wird nur einmal bei Tageslicht gekämpft. Alle anderen Actionsequenzen finden bei Regen und nachts statt. Das erinnert an die Blockbuster der Neunziger Jahre, wie „Jurassic Park“ und „Godzilla“. In diesen Filmen war es auch immer dunkel und meistens regnerisch, weil auf die Art damals die computergenerierten Effekte leichter zu errechnen waren.
Was wir im Halbdunkel zu sehen bekommen ist dann auch nicht wirklich beeindruckend. Die Bewohner von Atlantis reiten auf Buckelwalen mit Killerwalzähnen, Megalodons, Liopleurodons und elefantengroßen Seepferdchen. Warum diese Riesenseepferdchen 4 Beine haben und was diese Beine unter Wasser wohl bringen sollen, bleibt ungeklärt. Die Bewohner des „Grabens“ sehen den Aliens aus der gleichnamigen Filmreihe ein bisschen sehr ähnlich und ein Riesenmonster erinnert zu sehr an das Tier aus „Kampf der Titanen“. Die Rüstungen der atlantischen Soldaten lassen diese wie „Power Rangers“ aussehen. Sowas trägt auch nicht zu einem coolen Look bei.
Meerschaum und Abschaum
Jason Momoa hat Aquaman bereits in zwei Filmen verkörpert. Der Biker-Look steht ihm gut, die blonden Strähnen weniger. Das Kostüm im letzten Akt soll wohl an die Optik der Comics erinnern. Über Momoas schauspielerische Fähigkeiten lässt sich nicht viel sagen. Der Held dieses Films hat ironisch zu lächeln und zu kämpfen, sonst nichts.
Und auch Amber Heard hat als Mera nicht viel zu tun. Sie muss vor allem wie eine Mischung aus Arielle und Lara Croft aussehen. Das schafft Frau Heard so halbwegs, mehr aber auch nicht.
Willem Dafoe spielt seit mehr als drei Jahrzehnten entweder coole Charaktere („Platoon“, „Leben und Sterben in L.A.“) oder komplett durchgeknallte Typen („Straßen in Flammen“, „Wild at Heart“, „Spiderman“ und zu viele andere Filme, um sie aufzuzählen). Sein Talent hier in einer nichtssagenden Rolle komplett verschwendet zu sehen, ist die einzige Überraschung in einem Film, der ansonsten praktisch frei von Überraschungen ist.
Patrick Wilson hingegen hat bereits in so unterschiedlichen Filmen wie „Das Phantom der Oper“, „Little Children“ oder „Das A-Team“ immer wieder Armleuchter gespielt. Und auch hier schafft er es nicht, die Rolle des bösen Halbbruders Orm interessant zu gestalten. Wenn der Film dann die Rückkehr der Figur in der Fortsetzung eindeutig ankündigt, lässt uns das komplett kalt.
Fazit
„Aquaman“ ist mit großem Aufwand hergestellte Dutzendware. Nicht eine Szene reißt einem vom Hocker. Nicht ein Gag lässt einen laut loslachen. So bleibt – trotz des vielen Wassers – jedes Auge trocken.