DKDL 160x600 Wide Skyscraper Dis Kinoservice JETZT TS

 
nflix news

Kritik: To The Moon

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Im Laufe der letzten Jahre haben die Hollywood-Studios immer mal wieder recht altmodische Filme ins Kino gebracht. Solche Filme können durchaus unterhaltsam sein …
 
These foolish things
 
1968: Die NASA steht kurz davor, John F. Kennedy’s Versprechen wahr zu machen und vor dem Ende des Jahrzehnts einen Mann auf den Mond zu schicken. Aber der Öffentlichkeit ist die bemannte Mondmission mittlerweile reichlich gleichgültig und der US-Kongress droht die nötigen Gelder zu streichen. Nun soll die clevere PR-Expertin Kelly Jones helfen. Und schnell bringt die ebenso fleißige wie attraktive Werbefachfrau frischen Wind ins Raumfahrtprogramm. Dabei muss sie sich natürlich mit Cole Davis zusammenraufen, dem ebenso fleißigen wie attraktiven Direktor der Flight Crew Operations. Doch dann erhält Kelly einen ganz besonderen Auftrag …
 
„To the Moon“ ist so altmodisch, der Film wirkt in jeder einzelnen Szene, als hätte man ihn im Jahr der Handlung mit Technik des 21. Jahrhunderts gedreht. Die Rolle von Scarlett Johansson hätte 1968 wohl Paula Prentiss gespielt. Warum man Scarlett Johannson in diesem Film eine alte Doris Day-Perücke auftragen lässt, ist unklar. Weder Johansson noch ihre Rolle erinnern an Doris Day. Johanssons Optik erinnert an Janet Leigh (was niemanden überraschen wird, der sich an ihre Rolle in „Hitchcock“ erinnert) und ihr Spiel an die leider längst verstorbene Lee Remick.
 
 
Chaning Tatums Rolle wäre vor mehr als fünf Jahrzehnten von Rock Hudson oder James Garner gespielt worden. Und Tatum macht seinen Vorbildern alle Ehre. Ebenso wie diese alten Haudegen nie wirklich große Mimen waren, aber auf der Leinwand eine enorme Wirkung entwickeln konnten, spielt Tatum hier keinen echten Charakter, nicht einmal eine Figur. Tatum stellt hier einen „Typen“ dar. Und niemand kann auch nur eine Sekunde daran zweifeln, dass der „Typ“ und die „Typin“ am Ende zusammenkommen.
 
Und das ist auch besser so. Das Drehbuch der Nachwuchs-Drehbuchautorin Rose Gilroy ist so altmodisch, man kann die Figuren nie wirklich ernst nehmen. Und man sollte auch besser gar nicht erst versuchen, die Figuren ernst zu nehmen. Wollte man so tun, als wären sie echte Charaktere, müsste man feststellen was für eine furchtbar unsympathische Person, Scarlett Johannson hier darzustellen hat. Und jemand, der sich so wenig im Griff hat, wie der von Chaning Tatum dargestellte Kerl, hätte bei der NASA niemals einen so verantwortungsvollen Posten bekleiden dürfen.
 
Nein, am besten stellt man sich vor, dieses altmodische Drehbuch mit seinen lächerlich klischeehaften Figuren wäre bereits vor mehr als fünfzig Jahren geschrieben und bloß bisher nie verfilmt worden. Vielleicht hatten Paula Prentiss und Rock Hudson damals Besseres zu tun. Vielleicht hatten Lee Remick oder James Garner keine Zeit. Die Dreharbeiten zu „Grand Prix“ sollen ja ewig gedauert haben …
 
Die Dialoge in „To the Moon“ klingen flott und witzig und viele Szenen sind wirklich sehr unterhaltsam gestaltet. Eine kurze Montage am Anfang vermittelt uns schnell die Ausgangsituation. Die Hauptfiguren werden in zwei schnellen Einführungsszenen rasch und gerade deshalb unterhaltsam vorgestellt und schon sind wir mitten in der Handlung. Die hat dann zuweilen einige Längen (in den Sechzigerjahren des Zwanzigsten Jahrhunderts waren Komödien mit einer Laufzeit von 133 seltene Ausnahmen) und lässt trotzdem einiges unter den Tisch fallen. Die sozialen und wirtschaftlichen Realitäten der Zeit werden anfangs erwähnt um danach ignoriert zu werden. Zu viel Realismus würde das altmodische Konzept beeinträchtigen.
 
01 ©2024 Sony Pictures03 ©2024 Sony Pictures04 ©2024 Sony Pictures07 ©2024 Sony Pictures
 
Dafür liefert Regisseur Greg Berlanti einige wirklich schöne Aufnahmen vom Kennedy Space Center und Cape Canaveral. Die Bilder der großartigen Bauten oder der startenden Raketen sind auch die einzigen dramatischen Szenen, die eine gewisse Wirkung erzielen. Die (Vor-)Geschichten der handelnden Figuren sind leider solche altmodischen Klischees, dass sie uns komplett kalt lassen.
 
Fly me to the moon …
 
Wenn der Film trotzdem halbwegs unterhaltsam gerät liegt das vor allem an der Besetzung. Scarlett Johansson macht was sie am besten kann und wirkt ebenso intelligent wie verführerisch. Chaning Tatum macht was er am besten kann und gibt den Kerl, den jeder Mann zum Freund und jede Frau zum Partner haben möchte und den es so in der Realität nie gegeben hat und nie geben wird.
 
Jim Rash macht was er am besten kann und spielt genau die … ähm, … etwas arg klischeehaft homophile Figur, die er in so vielen Fernsehproduktionen von „Die wilden Siebziger“ bis „Community“ gespielt hat. Bloß diesmal eben als arg klischeehaft homophilen Regisseur.
 
Ray Romano macht was er am besten kann und spielt eine etwas traurigen, müden, netten Kerl. Wer den Film im englische Original sieht, kann sich vorstellen, wie Manny das Mammut aus „Ice Age“ bei der NASA arbeitet.
 
Woody Harrelson macht was er am besten kann und spielt einen Querschnitt seiner bekanntesten aber nicht seiner besten Rollen. Wer Harrelson in Filmen wie „Zombieland“, „Die Unfassbaren“, „Die Tribute von Panem“ oder zuletzt „Kate“ gesehen hat, den wird nicht eine seiner Szenen in „To the Moon“ überraschen können. Seine kleine Gesangseinlage am Ende ist ganz nett, so wie der ganze Film ganz nett ist. Mehr aber auch nicht.
 
Zugabe:
 
Regelmäßige Leser*innen wissen, wie gerne ich mich über merkwürdige Entscheidungen der Verleihfirmen ganz allgemein und über dumme deutsche Verleihtitel im Besonderen mokiere. 3, 2, 1 and lift off: Das Objekt dieser Rezension „To the Moon“ trägt nur im deutschen Sprachraum diesen Titel. Im englischen Sprachraum kommt der Film unter dem Namen „Fly me to the Moon“ in die Kinos. Und nein, das habe ich mir nicht ausgedacht.
 
Ob die Entscheidungsträger beim deutschen Verleih meinen, zwei weitere kurze englische Wörter hätten das deutsche Publikum überfordert oder ob man dort noch nie von Bart Howards größtem Hit gehört hat, ist unklar. Hier eine unvollständige Liste der Interpreten, die im Lauf der Jahrzehnte den Klassiker „Fly me to the Moon“ (Alternativtitel: „In other words“) gesungen haben:
 
Paul Anka, Shirley Bassey, Michael Bolton, Bobby Darin, Doris Day, Agnetha Fältskog, Judy Garland, Tom Jones, Brenda Lee, Mina, Chris Montez, Matt Monro, Dudley Moore, Helen O’Connell, Cliff Richard, Smokey Robinson, Helge Schneider, Kevin Spacey mit Westlife, Dinah Washington, Robbie Williams, The Ukulele Orchestra of Great Britain, Nat King Cole, Tony Bennett, Ella Fitzgerald, Diana Krall, Paul Kuhn, Michael Bublé, Roland Neuwirth und Roger Cicero.
 
In dem Film „Ein charmantes Ekel“ wurde das Lied vom großen Danny Aiello gesungen. In der letzten Szene von „Space Cowboys“ (u.a. mit dem bereits erwähnten James Garner) ist das Lied in der bekanntesten Version von Frank Sinatra zu hören, die übrigens auch im Film „To the Moon“ (englischer Originaltitel: „Fly me to the Moon“) angespielt wird. In other words: Falls der Job, bei dem man dafür Geld bekommt sich deutsche Verleihtitel auszudenken, jemals frei werden sollte, stehe ich jederzeit zur Verfügung. Gerne auch kurzfristig. Anruf genügt. Eine kurze Mail tut’s auch. Ich bin bereit.
 
Fazit
 
Ein netter, durchaus unterhaltsamer, reichlich altmodischer Film, der von seiner Besetzung gerettet wird.
 
 
Unterstütze FantasticMovies.DE: