*** Friedhof der Kuscheltiere ***

fdkt kritik
 
Autor: Walter Hummer
      
Stephen Kings Werke wurden bisher mehr als Zweihundertmal verfilmt. Die meisten dieser Filme sind recht gruselig. Nur wenige sind wirklich besonders. Diese neue Verfilmung ist auf jeden Fall gruselig.
 
Haustierbestattungsprozession
 
Rachel und Louis Creed sind von Boston in die Provinz nach Maine gezogen. Als Hausbesitzer müssen die beiden nocht viel lernen. Immerhin haben sie sich ein Haus andrehen lassen, durch dessen Garten bereits am Tag nach dem Einzug der erste Trauerzug zu einer Haustierbestattung unterwegs ist. Auch als Eltern haben sie noch Hausaufgaben zu erledigen. So haben sie sich zum Beispiel über einige der grundsätzlichen Themen der Kindererziehung offensichtlich noch nie unterhalten, obwohl sie einen kleinen Sohn von Drei Jahren haben und eine Tochter die bald Neun wird.
 
Nachdem der Kater der Tochter von einem Auto überfahren wird, spaziert Louis nachts mit seinem älteren Nachbarn Jud Crandall tief in den Wald um das Tier noch weit hinter dem Haustierfriedhof auf einem Felsen zu beerdigen. Louis fragt nicht, wozu der lange Weg gut gewesen sein soll. Als der nachts zuvor beerdigte Kater am nächsten Morgen zwar nicht quicklebendig, aber doch zumindest irgendwie wieder da ist, währt die Freude darüber nicht lang …
 
 
Nachdem die Neuverfilmung von „Carrie“ vor einigen Jahren halbwegs erfolgreich war und die Neuverfilmung von „Es“, einem von Kings gruseligsten Romanen, letztes Jahr enorm erfolgreich war, konnte die Neuverfilmung von „Pet Sematary“ (so der origineller Originaltitel) nicht lange auf sich warten lassen. Und Drehbuchautor Jeff Buhler und das noch recht unbekannte Regie-Team Kevin Kölsch und Dennis Widmer geizen nicht mit Grusel und Horror.
 
Weniger ist mehr
 
Bei den besten Stephen-King-Verfilmungen haben die Filmemacher immer darauf geachtet, gewisse Stellen aus der Buchvorlage nicht im Film zu zeigen. Es war richtig und wichtig, dem Bestsellerautor in „Misery“ nicht die Füße abhaken zu lassen. Und es war noch wichtiger, die Kinder in „Es“ nach dem Sieg über Pennywise nicht miteinander … also, … es war auf jeden Fall richtig diese eine spezielle Szene nicht im Film zu zeigen. Dem Drehbuchautor Buhler und den Regisseuren Kölsch und Widmer ist solche Zurückhaltung fremd.
 
Wie die LKW-Fahrer auf der Landstraße vor dem Haus der Creeds geben auch die Macher dieses Films von Anfang an Vollgas. Der erste Schockeffekt erschreckt das Publikum bereits in der dritten Szene. Die gruselige Prozession von Kindern die ein Haustier beerdigen sehen wir nach weniger als zehn Minuten. Der Anblick von Rachels furchtbar missgestalteter Schwester bereitet uns nach kaum zwanzig Minuten zum ersten Mal Unbehagen. Ein eben verstorbenes Unfallopfer mit zerfetztem Gesicht beginnt nach kaum einer halben Stunde eine Unterhaltung mit dem verständlicherweise verstörten Arzt.
 
Üblicherweise schätze ich es nicht, wenn während der Vorführung gesprochen wird. Aber als im Film nach weniger als Fünfzig Minuten eine schwerkranke Frau auf furchtbare Weise in einem Speiseaufzug ums Leben kam, hörte ich wie eine junge Dame im Kinosaal meinte, „Jetzt wird’s anstrengend.“. Die junge Dame hatte absolut Recht. Und wir waren noch nicht einmal bei der Hälfte des Films angelangt. Weitere Höhepunkte, wie das von den Toten auferstandene kleine Kind, das einem alten Mann in Nahaufnahme die Achillessehne aufschlitzt und danach noch einen weiteren grausamen Foltermord begeht, standen uns zu dem Zeitpunkt noch bevor.
 
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Dabei lassen die Macher des Films nicht nur nichts aus, was man aus der Vorlage an Schaurigem übernehmen könnte. Sie fügen sogar noch einiges an Horror hinzu. Zu einer Stephen-King-Geschichte weiteren Horror hinzuzufügen ist ein bisschen so als würde man ein Buch von Charles Bukowski verfilmen und weitere Saufszenen einbauen. Oder als würde man in einer Tolkien-Verfilmung die Hobbits noch zusätzliche Mahlzeiten einnehmen lassen.
 
Daddy, wo bin ich?
 
Ein gruseliger Horror-Film ist aber nicht gleich ein guter Horror-Film, bloß weil er gruselig ist. „Es“ war furchtbar gruselig, hatte aber eine faszinierende Geschichte voll wunderbar geschriebener Charaktere die von großartigen Schauspielern lebensnah dargestellt wurden. Dieser neue Film hat nichts dergleichen zu bieten.
 
Die Rolle der Rachel ist einfach schlampig geschrieben. Sie ist keine echte Figur, sondern nur das Gerüst einer Figur. Louis ist ein mieser Vater, inkompetenter Arzt, nachlässiger Autofahrer und furchtbarer Nachbar. Seine Beziehung zu dem einsamen Witwer im Nachbarhaus besteht aus zwei nichtssagenden Gesprächen, bevor man zusammen nachts den Kater beerdigt. Diese unfertigen Charaktere geben den Darstellern nur wenig zu tun.
 
Der visuelle Stil des Films ist ebenso anspruchslos. Der verfluchte Felsen sieht lächerlich unecht aus. Der Panoramablick wirkt wie ein Bühnenhintergrund. Wirklich gut gemacht ist nur eine Verwandlung einer alten Dame in ein kleines Mädchen. Diese Szene ergibt zwar innerhalb der Handlung keinen Sinn, wirkt aber gut gemacht. Die Handlung des Films spielt in Maine Ende Oktober Anfang November. Um diese Jahreszeit sollten die Wälder dort längst nicht mehr so grün sein wie im Film gezeigt.
 
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Jason Clarkes Leistung war weder gut noch richtig schlecht als er 2014 in „Planet der Affen: Revolution“ einen langweiligen Helden spielte. Ein Jahr später war er weder gut noch besonders schlecht als er in „Terminator: Genisys“ einen langweiligen Schurken spielte. Seine Darstellung des langweiligen Vaters Louis in diesem Film ist sicher nicht gut, aber auch nicht furchtbar schlecht.
 
Amy Seimetz hat vor zwei Jahren in „Alien: Covenant“ keinerlei Eindruck hinterlassen. Nun ist es schwer zu sagen, ob sie mit einem besseren Drehbuch der Rolle der Rachel in diesem Film wenigstens ein bisschen Profil verliehen hätte.
 
John Lithgow versucht als Nachbar gegen ein Drehbuch anzuspielen in dem man vergessen hatte, seinen Charakter auszuarbeiten. An dieser Aufgabe scheitert er ehrenhaft.
 
Die elfjährige Jeté Laurence ist eines der bezauberndsten kleinen Mädchen, das je in einem Film zu sehen war. Ihre Leistung - vor allem in der zweiten Hälfte des Films – ist einer der wenigen Pluspunkte des Films.
 
Fazit
 
Diese Neuverfilmung eines Klassikers von Stephen King ist sicher ein extrem gruseliger Horror-Film. Wegen der unausgearbeiteten Figuren und handwerklicher Schwächen reicht es aber nicht zu einem guten Horror-Film.
 
 
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