Schon mit „Whiplash“ hat Autor und Regisseur Damien Chazelle bewiesen, dass er nicht nur eine enorme Passion für Musik hat, sondern es auch versteht, sie filmisch so umzusetzen, dass der Zuschauer schlichtweg in den Bann gezogen wird. „Whiplash“ scheint im direkten Vergleich mit „La La Land“ aber nur die Fingerübung gewesen zu sein, sein wahres Meisterwerk präsentiert Chazelle nun mit Emma Stone und Ryan Gosling in den Hauptrollen.
Durchs Leben tanzen
Erfolg hat die Schauspielerin Mia (Emma Stone) noch nicht, als sie den Pianisten Sebastian (Ryan Gosling) kennenlernt. Er liebt den Jazz über alles und träumt davon, einen eigenen Club zu eröffnen. Beide treffen sich mehrmals, bevor sie wirklich miteinander ausgehen. Sie folgen jeder für sich ihren Träumen, finden aber ineinander die große Liebe. Doch dann wird Sebastian erfolgreich. Er tourt mit einer Band durchs Land, was nicht nur heißt, dass die Liebenden sich kaum noch sehen, sondern dass er drauf und dran ist, seinen eigenen Traum zu verraten.
Schon bald kommt es zur Zerreißprobe für die Liebenden, die in verschiedene Richtungen ziehen. Kann das gut gehen?
Aus der Zeit gefallen
Chazelle liebt die großen Hollywood-Musicals der 1950er Jahre. Dementsprechend wollte er einen Film realisieren, der sich vor diesen verbeugt, aber zugleich eine moderne Neuinterpretation ist. Damit einher geht ein anachronistisches Gefühl, das sich nicht nur durch die Tanz- und Gesangseinlagen einstellt, sondern auch durch das Dekor.
Die Kostüme sind grandios. Sie erinnern an eine andere Zeit. Besonders Ryan Goslings Figur scheint nicht ins 21. Jahrhundert zu gehören. Auch Stone trägt Kleider, die etwas altmodisch anmuten. Die beiden Akteure komplimentieren damit einander und stellen sich gegen eine moderne Welt. Chazelle frönt – ebenso wie die männliche Hauptfigur – dem Art Deco.
Zudem hat er beschwingt locker inszeniert und bietet eine extrem vitale, lebendige und dynamische Kamera. Das zeigt sich schon bei der wunderbaren Eingangssequenz, wenn auf einem Highway der Stau von allen genutzt wird, um in eine Tanzroutine zu verfallen, die sich gewaschen hat. Man merkt es bei dieser Eingangssequenz erst spät, erkennt es dann aber weiteren Musical-Einlagen sehr gut: Chazelle hat hier in einer Einstellung inszeniert. Wenn es Schnitte gab, dann nur verborgene, an sich sind die Tanzsequenzen aber choreographischer Triumph, bei dem den Akteuren alles abverlangt wurde.
Hingabe
Es sind aber nicht nur die komplizierten Choreographien, die gefallen. Generell hat „La La Land“ ein Auge fürs Detail. Großartig ist der Moment, in dem man sieht, wie Gosling Piano sieht. Gosling hat es für den Film gelernt, so dass die Kamera in einer fließenden Bewegung zeigen kann, wozu er fähig ist, wo andere Filme auf einfache Schnitte hätten zurückgreifen müssen.
„La La Land“ ist ein märchenhaft schöner Film, aber er kommt nicht mit dem Zuckerguss daher, der Musicals früher inne war. Stattdessen erzählt Chazelle eine realistische Geschichte, bei der er nicht darauf abzielt, es allen recht zu machen. Im Gegenteil, er findet ein konsequentes, ehrliches, schmerzlich-schönes Ende, das dem Werk mehr als angemessen ist. Und das umso mehr, weil er dem Zuschauer noch eine andere Version offeriert, einen Traum von dem, was hätte sein können, aber nicht war.
Fazit
„La La Land“ ist eine huldvolle Verbeugung vor der großen Zeit der Musicals, zugleich aber auch ein sehr ehrlicher Film. Er ergeht sich nicht in den Zynismen, die das heutige Kino so häufig auszeichnet, sondern präsentiert eine gefühlvolle und authentische Geschichte, die immer dann ins Märchenhafte abgleitet, wenn die Tanz- und Gesangseinlagen kommen. Die sind visuell und akustisch atemberaubend.
Chazelles Film ist ein Kunstwerk von immenser Pracht und Schönheit, von der man schlicht und ergreifend mitgerissen wird. Einer der ganz großen Kinofilme des Jahres!