„Tod auf dem Nil“ ist also wirklich wunderschön anzusehen. Das ist auch besser so. Denn teilweise kann man sich nur wundern, um was für merkwürdige Einfälle Drehbuchautor Michael Green die Vorlage bereichert hat. Andererseits hat Green die Drehbücher zu solchen Filmen wie „Green Lantern“, „Blade Runner 2049“ und „Mord im Orient Express“ verfasst. Also muss man sich vermutlich nicht einmal wundern, warum Green meint, eine aufwendige, pathetische und absolut überflüssige „Origin-Story“ für Poirots Schnurrbart liefern zu müssen.
The murderer is one of you
Aber Aufwand, Pathos und Überfluss war wohl genau das, was Branagh bestellt hatte. Als Regisseur braucht man jede Menge Pathos, um seine Darsteller*innen so gnadenlos übertreiben zu lassen. Gal Gadot war großartig als „Wonder Woman“, weil sie Kraft und Intelligenz vermitteln konnte. Aber selbst die von ihr gespielte Figur in „Date Night“ war nicht so dumm und hohl wie die Millionenerbin in diesem Film. Es ist sehenswert, wie elegant Gadot über die Defizite ihrer Rolle hinwegspielt.
Ähnliches gilt für die noch recht unbekannte Emma Mackey. Sie hat wohl früh erkannt, dass man eine so dumm geschriebene Rolle nicht wirklich „darstellen“ kann. Mackey stellt also keinen Charakter dar, weil es da keinen Charakter darzustellen gibt. Sie „wirkt“ einfach nur. Und so wirkt sie abwechselnd verliebt, verzweifelt und gefährlich und dabei immer bezaubernd.
Arnie Hammer („Lone Ranger“) macht, was er immer macht und am besten kann: Er sieht in vorteilhafter Kleidung gut aus. Das können aber jede Menge andere Schauspieler in Hollywood genauso gut. Wenn Herr Hammer in nächster Zeit also nicht mehr gar so oft auf der Leinwand zu sehen sein wird, hinterlässt er keine Lücke.
Annette Bening („American Beauty“) und Letitia Wright („Black Panther”) sind beide viel zu gute Schauspielerinnen für ihre lächerlichen Rollen. Wenn man sie auf der Leinwand sieht, kann man sich vorstellen, wie es sein muss, wenn einem ein Nobelpreisträger für Medizin einen Pickel ausdrückt.
Warum Jennifer Saunders und Dawn French eine reduzierte Version ihrer alten Sketch-Show aufführen, ist unklar. Ebenso unklar wie die Besetzung von Russell Brand („Arthur“) in einer Rolle, die auch jeder andere männliche Darsteller seiner Altersgruppe genauso gespielt hätte.
Der Rest des Ensembles schlägt sich wacker. Kenneth Branagh bemüht sich wieder verzweifelt, seinem Poirot Tiefe und Charakter zu verleihen. Man merkt ihm die Mühe an, was ihn nur noch deutlicher scheitern lässt. Wenigstens hat er den Schnurrbart seit dem letzten Film etwas gestutzt.