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Kritik: Guardians of the Galaxy 3

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Autor: Walter Hummer
 
Noch läuft die MCU-Maschine nach Plan und liefert im vierteljährlichen Rhythmus einen neuen Kinofilm. Was haben wir also vom dritten Abenteuer der Guardians zu erwarten?
 
When you were here before, couldn’t look you in the eye …
 
Die “Guardians of the Galaxy” leben auf (oder in) “Knowhere”. Nebula lernt Teil einer Gruppe zu sein. Drax hat noch immer weder soziale Filter noch die Fähigkeit zum abstrakten Denken entwickelt. Groot wächst. Mantis muss damit zurechtkommen, dass ihr niemand zuhört. Rocket hört dafür Peters Musik.
 
Und Peter säuft, weil er Gamora verloren hat und ihre neu/alte Version aus einem anderen Zeitstrahl keine Lust hat, ein Ersatz für ihre frühere/spätere Version zu sein. Aber schnell kracht ein außerirdisches Superwesen quer durchs Universum durch die Wände, Rocket wird schwer verletzt, erinnert sich im Koma der Reihe nach an seine Vergangenheit und schon müssen die Guardians wieder irgendwo einbrechen und alles läuft ab, wie man es erwartet hätte ...
 
 
Radioheads „Creep“ ist einer der besten Songs aller Zeiten. Das ist nicht nur meine Meinung. „Rolling Stone“, das führende Musikmagazin weltweit (sowas wie cinepreview.de, nur eben für populäre Musik und nicht für Filme), führt „Creep“ auf Platz 118 der „Greatest Songs of All Time“. Thom Yorke hat vor mehr als dreißig Jahren nur mit Musik und Text etwas ganz Großartiges und Wundervolles geschaffen. Das Lied ist nicht nur romantisch und wunderschön. Es feiert die Schönheit, besingt diese Schönheit nicht nur („you’re so fucking special“). Tatsächlich hat es praktisch die gleiche Melodie wie „The Air That I Breathe“, eine Schnulze, die man bereits in unzähligen Filmen und Werbespots gehört hat.
 
Aber „Creep“ ist nicht nur romantisch und wunderschön. Es ist eines der herrlich schrägsten Lieder aller Zeiten und ganz anders als alle anderen „Das-Objekt-der-Begierde-aus-der-Ferne-bewundern“-Songs, die je geschrieben wurden. Text und Musik drohen ständig zu kippen, tun es aber nie. „Creep“ ist ehrlich, „Creep“ ist kantig und uneben. „Creep“ beschreibt, wie junge Menschen tatsächlich wahrnehmen und fühlen. „Creep“ ist schräg aber doch realistisch.
 
01 ©2023 MARVEL Studios02 ©2023 MARVEL Studios03 ©2023 MARVEL Studios04 ©2023 MARVEL Studios
 
Als also der dritte Film der “Guardians of the Galaxy” zu den Klängen von Radioheads “Creep” begann, war ich voller Hoffnung. Gerade die „Guardians“ waren immer etwas anders als andere Marvel-Helden. Die Truppe rund um Peter Quill, ... Verzeihung, ... Starlord kam auch immer recht ehrlich rüber, immer ein bisschen kantig und uneben. Man konnte sich stets vorstellen, wie ein als Kind von Aliens entführter Angeber oder ein experimentell mutierter Waschbär tatsächlich wahrnehmen und fühlen würden.
 
Aber bisher hat jeder Film der Guardians einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet. Die Filme des MCU sind natürlich in erster Linie Produkte, die ihre Kosten vielfach wieder einspielen sollen. Da geht das Studio keine Risiken ein. Und so waren auch die Filme der Guardians bisher eben immer nur ein kleines bisschen kantig und uneben, nie wirklich so schräg wie sie es sein könnten. Doch nun hören wir gleich zu Beginn Radioheads „Creep“, einen Song, der noch nie in einem großen Hollywoodfilm zu hören war und ganz sicher nie in einem Werbespot erklingen wird. Sollte das dritte Abenteuer der Guardians endlich richtig schräg werden?
 
Leider nein. „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ ist ein unterhaltsamer Film, ein würdiger Beitrag zur Serie und zum MCU. Aber die ewig gleichen, durch mangelnden Mut verursachten Fehler lassen auch diesen wirklich gut gemachten Film seine Möglichkeiten und sein Potential wieder nicht ausschöpfen.
 
Wie furchtbar muss es sein, einen geliebten Menschen verloren zu haben, diesen dann wiederzusehen und zu wissen, dieser Mensch ist doch nicht der geliebte Mensch, sondern bloß eine andere Version, die keinerlei Interesse oder auch nur Erinnerung an die gemeinsame Zeit hat? Was hätte man im Film alles aus dieser Situation machen können? Nun ja, Drehbuchautor und Regisseur James Gunn hat daraus zwei witzige und einige passable Gags gemacht. Mehr nicht. Wir sehen keinen echten Schmerz. Nichts über die Schwierigkeit den Verlust zu verarbeiten. Gar kein Drama. Ein paar Gags, mehr war aus dieser ganz besonderen Situation nicht zu machen.
 
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Überhaupt betreibt James Gunn (nach Volume 1 und 2 nun doch zum dritten Mal als Autor und Regisseur verantwortlich) sehr viel Aufwand um ganz besondere Situationen zu schaffen, die ihm dann nur als Grundlage für einige durchaus nette Gags dienen, aber nicht mehr. Ein Bösewicht hat eine tatsächlich so genannte „Counter Earth“ geschaffen und diese Kopie unserer Erde mit vernunftbegabten Wesen bevölkert. Aus irgendeinem Grund leben diese Wesen in den 1980er Jahren. Ok, das ist für ein paar nette visuelle Gags gut.
 
Starlord hat Mühe sich zu verständigen und Auto zu fahren. So weit so lustig. Aber wenn der Planet zerstört und mit ihm Milliarden Bewohner vernichtet werden, ist das den Hauptfiguren und dem Film nicht einmal ein Schulterzucken wert.
 
Am meisten Zeit und Muße hatte Autor und Regisseur Gunn noch für die Origin-Story des coolsten Waschbären des Universums übrig. In Rückblenden wird Rockets Kindheit im Labor eines Nachfahren von Dr. Moreau erzählt. Manche der Bilder sind grauenerregend, andere brechen einem das Herz. Wenn der kleine, noch namenlose Waschbär nach einer furchtbaren Behandlung sein erstes Wort spricht, treibt uns das nicht zum letzten Mal während des Films die Tränen in die Augen. Aber auch diese Geschichte wird am Ende mit einer sacharinsüßen Variante des ewiggleichen „auf-der-anderen-Seite-sehen-wir-einander-wieder“-Klischees verdorben.
 
What the hell am I doin’ here?
 
An diesen und einigen anderen Stellen atmet der Film eben leider den Geist von „The Air That I Breathe“ (wahlweise von den Hollies oder Simply Red). Und dabei hätten gerade Handlungsfäden wie der, um die Unmöglichkeit der Liebe zwischen der neuen/alten Version von Gamora und Starlord, dringend ein bisschen von Radioheads „Creep“ gebraucht. Sind die Guardians denn nicht ohnehin alle „weirdos“? Hat James Gunn nie die Klage des Sängers gehört? „I wish I was special“! Aber Glattpoliertes, Sacharinsüßes und Beliebiges wird nie etwas „Besonderes“ sein.
 
Hätten Gunn und das Studio hier an einigen Stellen ein bisschen mehr Mut gezeigt, hätte „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ etwas ganz Besonderes werden können. So bleibt ein cooler, unterhaltsamer Film, der natürlich wieder, wie fast alle Beiträge zum MCU, spannender ausgefallen wäre, wenn man ihn um 20- 25% gekürzt hätte. Aber der Film zeigt die richtige Mischung aus Action und Gags, sowie aus altbekannten Teilen und neuen Elementen. Ich wage zu behaupten, Cosmo die russische Weltraumhündin wird einer der Lieblinge des Publikums werden. Im Original leiht ihr Marija Bakalowa („Borat Anschluss Moviefilm“) die Stimme und ist für den besten running-gag des Films verantwortlich.
 
Linda Cardellini war im MCU zwar bereits mehrmals als Hawkeyes Ehefrau zu sehen, leiht aber einer Jugendfreundin Rockets ihre Stimme. Vermutlich gibt es kaum noch Mitglieder der Schauspielergewerkschaft, die nicht bereits irgendwann irgendeine Rolle im MCU gespielt haben. Chukwudi Iwuji („John Wick: Kapitel 2“) spielt einen Schurken wie wir ihn schon Hunderte Male im Kino gesehen haben. Und er spielt ihn genauso, wie wir das auch schon Hunderte Male im Kino gesehen haben.
 
Will Poulter („Wir sind die Millers“) spielt ein Superwesen, das erst im Laufe des Films Persönlichkeit entwickelt. Und das macht er wirklich gut. Von seiner Figur hätte man gerne mehr gesehen. Die verschiedenen Mitglieder der Stammbesetzung rund um Chris Pratt, Karen Gillan, Zoe Saldana, Dave Bautista und die Stimme von Bradley Cooper machen was sie immer machen und was wir alle gerne sehen. Chris Pratts Leistung wirkt, als hätte er nicht mehr ganz so viel Lust auf den Job wie früher.
 
Fazit
 
Guardians of the Galaxy Vol. 3“ ist ein typisches Produkt des MCU. Hochwertig produziert, witzig und actionreich, aber eben leider ein Produkt. Ein paar Ecken und Kanten hätten den Film „special“ gemacht.
 
 
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