Wollen wir zum Beispiel wirklich einfach ignorieren, wie eine Figur in „Der Vorname“ einen saublöden Scherz sehr viel länger durchzieht, als das irgendjemand mit Verstand jemals tun würde? Und auch noch sehr viel länger, als es irgendeinem Film guttun würde? Der von Florian Fitz gespielte Thomas ist sicher kein kompletter Idiot. Warum erklärt er also nicht einfach irgendwann nach mehr als einer halben Stunde, dass er seinen Sohn nicht tatsächlich „Adolf“ nennen will und das alles bloß ein dummer Witz war? Nein, er schweigt sogar dann noch, wenn sein Schwager und seine schwangere Frau einander bereits anschreien.
Wollen wir übersehen, wie hier zwei viel zu gute Schauspieler, zwei intelligente Figuren spielen und dabei eine Viertel Stunde wertvolle Laufzeit des Films verschwenden, indem sie mit dummen Argumenten eine dumme Stammtischdiskussion führen?
Sollen wir so tun, als wäre uns nicht aufgefallen, wie an den Haaren herbeigezogen die weiteren Konflikte und Anschuldigungen in diesem Film wirken? Ich hätte niemals erwartet, mal über einen Film berichten zu müssen, in dem minutenlang darüber gesprochen wird, wie eine Figur „die Etiketten von teurem Wein abdampft“. Dieser lächerliche Vorwurf wird im Laufe des Filmes noch mehrmals wiederholt. Der Mord an einem Hund wird dagegen nur ein weiteres Mal erwähnt.
Und wollen wir uns nicht mal fragen, wie oft die Macher von „Adolf“ wohl „Der Gott des Gemetzels“ gesehen haben? Nur zu Vergleichszwecken, versteht sich …
Und was halten wir von den vielen inhaltlichen und strukturellen Fehlern dieses Films? Sollen wir dankbar sein, wenn der Konzertklarinettist sowohl beim Abendessen im Freundeskreis als auch nach einem Flug von Toronto nach München immer Frack tragen muss, damit wir ihn auch immer als Konzertklarinettisten erkennen? Und wenn der geizige Universitätsprofessor sich bei einem Pizzalieferanten über die Preise beschwert und ihn dann noch über die Etymologie des Wortes Thunfisch belehrt, damit wir ihn als geizigen Universitätsprofessor erkennen? Das mag im Bühnenstück funktioniert haben, das die Vorlage zum Drehbuch von Claudius Pläging („Schatz, nimm Du sie“) bildete. Was auf der Bühne das Publikum erreicht, hat aber oft auf der Leinwand eine ganz andere Wirkung. So wundert man sich auch, wenn eine Figur beim Telefonieren nicht belauscht werden will und sich dann doch nur zwei Schritte zur Seite bewegt, aber den Raum nicht verlässt.