In Opern wird alles, was den Protagonisten gerade passiert, laut auf Italienisch kommentiert, gleichgültig, ob die Leute gerade einen Raum betreten oder an einer Stichwunde sterben. Alles wird auf Italienisch laut herausgeschrien. Außer in Wagner-Opern, in denen angeblich Deutsch gebrüllt wird, obwohl man trotzdem nichts versteht. Maler malen Objekte, wie sie diese sehen, nicht wie diese tatsächlich aussehen. Trotzdem hören wir uns Opern an und betrachten Kunstwerke.
Selbst die Größten haben ihre Tricks und Muster, die immer wieder zu erkennen sind. Quentin Tarantino platziert die Kamera gerne im Kofferraum eines Autos und benutzt coole Songs für den Soundtrack. Robert Redford verschiebt oft seinen Unterkiefer bevor er eine Frage beantwortet. Harrison Ford zeigt immer mit dem Finger auf Dialogpartner. Und Eva Green ist am besten, wenn sie sexy und an der Grenze des Wahnsinns dahinspielt. Und im Geiste Harry Rowohlts muss man zugeben, sie macht das immer sehr gut.
The demon lives!
Und auch die Macher von „The Nun II“ setzen die altbekannten Muster und Tricks recht gut ein. Manchmal stellen sie sich sogar recht geschickt an. 1956 waren 40-Watt-Glühbirnen ebenso selten wie kostbar. Daher ergeben die schlecht beleuchteten Räume durchaus Sinn und tragen zur gruseligen Stimmung bei.
An einzelnen Stellen lässt der Film durchaus eigene Ideen erkennen. Der abgeblätterte Putz an einer Wand, verdampfendes Weihwasser oder ein Kiosk mit einer Wand voller Zeitschriften vermitteln Grusel auf Arten, wie wir sie noch nicht unzählige Male gesehen haben. Und die Macher des Films vermeiden einen Fehler vieler moderner Horrorfilme, wenn sie die dämonische Nonne nicht von Anfang an und nur selten ganz zeigen. Auch ein Ministrant kann schaurige Stimmung vermitteln.
Der Film ist weit davon entfernt ein Meisterwerk zu sein. Weite Teile der Handlung sind kompletter Unsinn. Im Mississippi der Fünfzigerjahre gab es unter der schwarzen Bevölkerung vermutlich ungefähr so viele Katholiken wie Mormonen oder Scientologen. Aix-en-Provence war 1956 vom Papstpalast in Avignon sicher nicht in einer Stunde zu erreichen. Und gegen Ende des Films muss man sich fragen, in wie vielen Inkarnationen der Dämon gleichzeitig auftreten kann und ob er sich nicht schrecklich viel Zeit lässt und sich damit irgendwann verzettelt?
Wir erfahren auch praktisch nichts über die Protagonisten. Ist das Kind bloß sehr vertrauensselig oder einfach nur doof und warum? Ist die Lehrerin einsam oder einfach nur geil auf den Gärtner und warum? Und was ist das überhaupt für eine merkwürdige Schule? Und was treibt die junge Nonne überhaupt in Frankreich? Und wofür braucht der Dämon die Augen einer Heiligen?
In einem Film wie diesem gibt es für die Darsteller*innen keine Rollen zu gestalten, sondern nur Leistungen abzuliefern. Taissa Farmiga trifft als Schwester Irene nach Teil Eins auch in Teil Zwei wieder genau den richtigen Ton. Ähnliches gilt für Jonas Bloquet als „Frenchie“. Storm Reid („The Suicide Squad”) und Anna Popplewell (“Die Chroniken von Narnia”) haben reine Chargenrollen darzustellen.