In Hollywood greift man gerne erfolgreiche ausländische Stoffe auf und adaptiert sie. An solchen Remakes stören sich viele häufig, im Fall von „Midnight Sun“ dürfte das aber eher nicht zum Tragen kommen, da das japanische Original „Taiyo no Uta“ aus dem Jahr 2006 hierzulande unbekannt ist.
Regisseur Scott Speer verzichtete zudem darauf, sich den Film im Vorfeld anzusehen, da er nicht nur eine Kopie, sondern ein eigenständiges Werk abliefern wollte, das ganz und gar auf dem Drehbuch und seiner Vision davon basiert. Das ist ihm geglückt!
Ein Leben muss man teilen
Die 17-jährige Katie (Bella Thorne) leidet an XP – das ist eine sehr seltene Krankheit, wegen der sie sich nicht ins Sonnenlicht begeben darf. Dieses würde zu Hautkrebs führen, vor allem aber auch neurologische Veränderungen auslösen, an denen Katie sterben könnte. Sie lebt darum recht allein, während ihr Vater versucht, ihr das Leben so schön zu machen.
Ihre einzige Freundin ist die flippige Morgan (Quinn Shephard), die sie auch bestärkt, mehr aus sich herauszugehen. Denn die begabte Sängerin, die ihre eigenen Songs komponiert, ist in Charlie (Patrick Schwarzenegger) verschossen, den sie aber nur durch einen flüchtigen Blick aus dem Fenster heraus kennt – bis sie ihn dann kennenlernt. Charlie ist hin und weg von Katie. Beide beginnen mit einander auszugehen. Katie ist entschlossen, ein bisschen Normalität zu erleben und verbringt wunderbare Abende mit Charlie. Doch irgendwann muss sie ihm die Wahrheit sagen …
Die schönsten Liebesgeschichten
Eine filmische Liebesgeschichte ist dann immer am schönsten, wenn in ihr eine gewisse Tragik zum Tragen kommt. Das Happyend mag etwas sein, das Zuschauer mit einem schönen Gefühl entlässt, aber eine unmögliche Liebe, die an ihren Umständen scheitert, hat etwas weit Ergreifenderes. Weil die Gefühlswelt der Figuren, aber auch die der Zuschauer noch stärker zum Tragen kommt. Und weil Zeit etwas unendlich Kostbares wird, wenn man nicht so viel davon hat. Das kann ein Zuschauer insbesondere dann nachvollziehen, wenn die Figuren so gut gemacht sind, dass man sich auch ein wenig in sie verliebt – und die wenigen Minuten, die ein Film läuft, deshalb umso mehr wertschätzt.
Die Geschichte von „Midnight Sun“ ist im Grunde nichts Besonderes. Sie erinnert an andere Werke, so etwa „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, lenkt aber einerseits die Aufmerksamkeit des Publikums auf eine wirklich seltene und grausame Krankheit, funktioniert andererseits aber auch, weil er einen ganz eigenen Zugang zu dieser Romanze findet. Denn Musik spielt hier eine wichtige Rolle.
Vor den Gesangseinlagen fürchtete sich Bella Thorne und warnte den Regisseur gar, dass er sie nicht singen hören wollen würde. Aber all ihre Bedenken waren umsonst. Sie hat eine sehr schöne Stimme, die die gefühlvollen Balladen, die Katie geschrieben hat, zu einem essenziellen und wichtigen Bestandteil dieses Films macht.
Gute Chemie
Zwischen Thorne und ihrem Ko-Star Patrick Schwarzenegger, der in die Fußstapfen seines Vaters Arnold getreten und Schauspieler geworden ist, herrscht eine hervorragende Chemie. Das mag daran liegen, dass beide schon vorher im echten Leben befreundet waren, es ist aber auch exzellentes Casting. Denn nur, wenn man zwei Figuren als Paar wirklich akzeptiert und gut findet, kann ein solcher Film funktionieren.
Die schauspielerisch größte Überraschung liefert Rob Riggle ab, der normalerweise in Komödien besetzt wird, hier als warmherziger Vater aber auch zeigen kann, dass er durchaus dramatische Szenen zu meistern imstande ist. Einen sehr schönen Part inne hat auch Quinn Shephard als quirlige Freundin der Hauptfigur.
Fazit
„Midnight Sun“ erfindet das Rad nicht neu, ist aber sehr schön gestaltet und lebt von seinen wahrhaftigen Gefühlen. Insbesondere gefällt hier, dass Katie ganz und gar normales Mädchen ist, das aufgrund seines Lebens vielleicht auch etwas naiv ist, aber damit in Charlie den idealen Partner gefunden hat.
Dies ist großes Gefühlskino, das es versteht, die emotionale Klaviatur perfekt zu bedienen und so auch beim Zuschauer Anteilnahme erzeugt – indem das echte Leben abgebildet wird, das mal lustig, mal tragisch ist. Was zählt ist nicht, wie viel Zeit man hat, sondern was man mit dieser Zeit anfängt.