*** Die Pfefferkörner und der Schatz der Tiefsee ***
Autor: Walter Hummer
Seit über Zwanzig Jahren klären „Die Pfefferkörner“ bereits Verbrechen im Fernsehen auf. Vor Vier Jahren waren die Nachwuchsdetektive zum ersten Mal auf der großen Leinwand zu sehen. Und nun kommt ein weiteres ihrer Abenteuer ins Kino.
Die Pfefferkörner haben Dich gestellt!
Die Pfefferkörner sind wieder auf Verbrecherjagd! Diesmal werden zunächst Forschungsergebnisse gestohlen und dann die Forscherin selbst entführt. Weil diese Wissenschaftlerin die Mutter eines der Pfefferkörner ist und sich die Polizei in ihrer Welt nur ungern mit Delikten wie Einbruch, Diebstahl oder Entführung beschäftigt, müssen die Kinder mal wieder ran. In Irland, Hamburg und auf Rügen klären die minderjährigen Kriminalisten mit vereinten Kräften den Fall auf und setzen sich auch noch für Umweltschutz ein.
Viele Eltern, Lehrer und ganz allgemein die meisten Erwachsenen scheinen kaum eine Erinnerung an die eigene Kindheit zu haben. Würden sie sich erinnern, wie es war selbst ein Kind zu sein, würden sie nicht solchen Unsinn von sich geben, wie „Nicht für die Schule lernen wir, sondern für das Leben“, „Wenn deine Freunde aus dem Fenster springen, springst Du dann auch?“ oder „Andere Leute wären froh“. Weil sowohl Regisseur Christian Theede („Tatort“) als auch Drehbuchautor Dirk Ahner („Jim Knopf und die Wilde 13“) offensichtlich das gleiche Problem haben, möchte ich ein paar ihrer Irrtümer aufklären.
Kinder sind nicht doof. Viele Erwachsene meinen, Kinder wären so eine Art kleinere aber sehr doofe Version Erwachsener und behandeln sie dementsprechend. Natürlich gibt es doofe Kinder, so wie es auch doofe Erwachsene gibt. Aber die meisten Kinder sind ebenso schlau oder doof wie es die meisten Erwachsenen sind. Warum glauben also die Macher von „Die Pfefferkörner und der Schatz der Tiefsee“ ihrem Publikum immer und immer wieder alles haarklein erklären zu müssen? Erst wird erklärt was gleich passiert. Dann wird erklärt, was gerade passiert. Und dann wird erklärt, was gerade passiert ist. Und wenn nicht erklärt wird, dann wird kommentiert.
Kinder nehmen Inhalte am besten visuell auf. Also warum zeigen die Filmemacher nicht einfach was passiert? In diesem Film wird mehr erklärt und kommentiert als während der meisten Schulstunden. Dafür mag doch kein Kind ins Kino gehen. Die Figuren im Film haben natürlich alle Namen. Aber während der gut Neunzig Minuten Laufzeit hätte man fast jede von Ihnen einfach nur abwechselnd „Erklär-Bär“ oder „Kommentier-Tier“ nennen können. Selbst ganz am Ende des Films wird nochmal die ohnehin offensichtliche Umweltschutzbotschaft des Films erklärt und kommentiert. Ich hatte schon Angst, das kommt alles nächste Woche bei einem Test dran.
Kinder merken recht schnell, wenn sie für dumm verkauft werden. Daher sollten gerade die Macher von Kinderfilmen ihre Handlungen keine Wendungen nehmen lassen, die keinen Sinn ergeben. Jedem halbwegs wachen Zehnjährigen wird sofort klar sein, dass man sich nicht auf dem Rücksitz eines Autos verstecken und telefonieren kann, ohne vom Fahrer bemerkt zu werden. Wenn die gleiche Person, die zuvor arglos das Auto gefahren hat, in der nächsten Szene plötzlich sofort merkt wie jemand am anderen Ende eines unübersichtlichen Labors Fotos macht, ist das doppelt lächerlich.
Wenn die Polizei ein Notebook und eine Kamera konfisziert, obwohl die Beamtin erklärt, auf eine Anzeige wäre verzichtet worden ergibt das keinen Sinn. Wenn zwei der Pfefferkörner sich einem Mitarbeiter des Forschungsschiffs anvertrauen, den sie im Lauf der Handlung noch nie getroffen haben, ergibt das auch keinen Sinn. Kinder haben einen recht guten Bullshit-Detektor. Kindern fallen gigantische Löcher in der Handlung sofort auf. Deshalb sollte man Kindern auch keine „Shades of Grey“- oder „Freitag der 13.“-Filme zeigen.
Das ist kein Fall für die Pfefferkörner
Kinder haben Sinn für Humor. Ein Kinderfilm, über den man nicht lachen kann, ist - in jedem Sinne des Wortes - witzlos. Leider gibt es in „Die Pfefferkörner und der Schatz der Tiefsee“ praktisch nichts zu lachen. Der ganze Film hat keine 5 Gags zu bieten und jeder einzelne dieser seltenen Gags ist lahm. Kinder wollen aber lachen. Deshalb sollte man sich auch Sorgen machen, um jedes Kind dessen Lieblings-Disney-Film „Fantasia“ ist.
Kinder haben ihre eigene Kultur. Warum bietet dieser Film also rein gar nichts, das Kinder ansprechen könnte? Wir sehen keine Bezüge zu irgendwelchen Phänomenen, die Kinder interessieren. In der Welt der Pfefferkörner benutzt man das Internet nur zum Versenden von Emails und Smartphones nur zum Telefonieren und Fotografieren. Im Film hört man keine Musik, die dem Zielpublikum entsprechen würde. Eines der Kinder fährt zwar BMX-Rennen, aber davon abgesehen zeigt keines der Kinder im Film irgendein Interesse an irgendetwas, das Kinder im realen Leben interessiert. Wie soll das Zielpublikum sich mit solchen Figuren identifizieren?
Kinder halten nicht alle Erwachsenen für doof. In „Die Pfefferkörner und der Schatz der Tiefsee“ taucht keine einzige volljährige Figur auf, die nicht wenigstens recht dämlich agiert. Die meisten Erwachsenen im Film handeln sogar komplett bescheuert. Wissenschaftler, Polizeibeamte, Fischer, Verbrecher, … alle bewegen sich auf einem Spektrum von recht dämlich bis komplett bescheuert. In so einer Welt haben Kinder niemanden, dem sie vertrauen können. Kein Wunder, dass sie alle Verbrechen selbst aufklären müssen. Wenn die Pfefferkörner krank werden, nehmen sie sich vermutlich auch selbst den Blinddarm raus.
Wir haben hier also einen Film, der von Menschen gemacht wurde, die kaum eine Erinnerung an die eigene Kindheit haben und der daher nicht viel bietet, was Kinder ansprechen könnte. Das ist schade, denn der Film ist in technischer Hinsicht durchaus kompetent und sogar recht aufwendig gemacht. Gut, die Schiffe, die nie den Hafen verlassen, lassen das begrenzte Budget erkennen. Aber davon abgesehen wirkt der Film wirklich hochwertig produziert.
Auch die Kinderdarsteller wirken alle durchaus sympathisch. Wie bereits im ersten Kinofilm werden auch hier wieder neue Pfefferkörner vorgestellt. Die Leistungen der erwachsenen Darsteller sind nicht weiter erwähnenswert. Nur Heino Ferch sollte sich schämen für das was er hier abliefert. Da haben wir im Kasperltheater schon differenziertere Schurkendarstellungen gesehen.
Fazit
Mit beträchtlichem Aufwand wurde hier ein Film gedreht, der leider ein bisschen zu belehrend und langweilig ausgefallen ist, um das Zielpublikum zwischen 8 und 12 Jahren wirklich unterhalten zu können.