***Kritik: Die Coopers***

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Autor: Manuel Boecker
 
„Läuft bei dir“ hieß das Jugendwort 2014, frei übersetzt mit „Du hast es drauf.“ Das genaue Gegenteil trifft auf Alexander in „Die Coopers – Schlimmer geht immer“ zu: Vom Pech verfolgt stolpert der Teenager durch einen furchtbaren Tag und zieht seine gesamte Familie mit ins Unglück.
 
Der neue Film von Miguel Arteta ist eine nette Aneinanderreihung von Gags aus dem Genre „Chaotische Familienkomödie“, wird aber im Gegensatz beispielsweise zum Klassiker „Kevin allein zu Haus“ keinen bleibenden Eindruck in der Filmgeschichte hinterlassen, denn dafür sind die „Coopers“ schlicht und einfach zu brav.
 
Produktionsdesigner Michael Corenblith und Regisseur Miguel Arteta verpflanzen die Coopers in die aus hunderten Filmen wohlbekannte amerikanische Vorortidylle mit Holzhaus, gestutztem Rasen und zwei Kombis in der Auffahrt. Hier leben Vater Ben (Steve Carell mit gutem Komödienriecher), Mutter Kelly (Jennifer Garner mit gewöhnungsbedürftiger deutscher Synchronstimme) und die Kinder Anthony, Emily, Alexander und das Baby Trevor.
 
Der elfjährige Alexander, gespielt vom jungen Australier Ed Oxenbould, versinkt ab dem Aufwachen in kleinen Alltagskatastrophen: Kaugummi im Haar, mediales Mobbing in der Schule, peinliche Stürze vor der Angebeteten und zum Schluss noch die Hiobsbotschaft, dass niemand zu seiner morgigen Geburtstagsparty erscheinen wird, da alle von der Eventparty seines neureichen Klassenkameraden angelockt werden. Beim Abendessen ist er das einzige Familienmitglied, das keine strahlenden Gewinnergeschichten zum Besten geben kann und dementsprechend frustriert.
 
 
In einer kleinen anarchischen Sologeburtstagsfeier nachts um zwölf wünscht er sich, dass seine Familie einmal einen ähnlich schlimmen Tag erleben soll. Am nächsten Tag geht die Prophezeiung für den staunenden Alexander in Erfüllung und die Coopers erleben ihren schrecklichsten Tag. Fein säuberlich verteilt bekommt jedes Mitglied der Familie sein Fett ab: Die Karriereleiter der Mutter bricht wegen einer verkorksten Präsentation zusammen, der Vater setzt sich während eines Bewerbungsgespräches selber in Brand, der ältere Bruder Anthony schrottet in der Führerscheinprüfung den Familienvan und Schwester Emily spielt nach einer ganzen Flasche Hustensaft ihre Rolle als Peter Pan wie auf Speed. Natürlich schweißen diese Katastrophen die Familie nur noch umso stärker zusammen und der Film steuert schnurgerade auf ein glamouröses Happy-End zu...
 
Die Geschichte der „Coopers“ basiert auf dem Kinderbuch von Judith Viorst, das seit seinem Erscheinen 1972 weltweit mehr als 4 Millionen Mal verkauft wurde. Das Büchlein, im englischen Original übrigens treffender als die deutsche Übersetzung mit „Alexander and the Terrible, Horrible, No Good, Very Bad Day“ betitelt, umfasst gerade mal 32 Seiten, was ein Grund für den zähen Gesamteindruck der Verfilmung sein könnte, denn Alexanders Pechsträhne aus dem Bilderbuch musste für den Film auf die ganze Familie ausgeweitet werden, um auf wenigstens 85 abendfüllende Minuten zu kommen.
 
Die einzelnen Chaos-Elemente der Geschichte sind mit viel Gespür für Timing, Slapstick und Wortwitz inszeniert, bleiben in der braven Aneinanderreihung aber vorhersehbar und stürzen die Figuren nicht in echte existenzielle Nöte. Anzüglichkeiten, politische Unkorrektheiten, Ironie oder schwarzen Humor sucht man in den „Coopers“ vergeblich, das Label „Disney-Familienfilm“ sorgt dafür, dass hier niemandem auf die Füße getreten wird. Die heftigste Reaktion auf all den Wahnsinn des Tages sind gemeinsame Fußtritte der Familie gegen eine Ansammlung von Mülltonnen. Verzweiflung, Wut und Tränen über soviel erlittene Ungerechtigkeit dürfen die Schauspieler nicht zeigen und da die Story keine überraschenden Wendungen oder Brüche vorsieht, bleibt die Spannung mit fortschreitender Dauer im Sumpf der zahmen Gags stecken.
 
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Die positive Entdeckung des Films ist der junge Ed Oxenbould, der seiner Figur Alexander den unschuldigen Charme eines Teddybären und den nötigen liebevollen Trotz eines Teenagers verleiht. Der junge Australier musste sich für die Hollywoodverfilmung noch seinen Akzent abtrainieren, obwohl seine Figur paradoxerweise ein fanatischer Fan von Down Under ist. Steve Carell, 2014 für seine Darstellung des paranoiden John du Pont in „Foxcatcher“ gefeiert, hatte sichtlich Spaß an seiner Figur des verständnisvollen „Latte-Macchiato-Vaters“ Ben.
 
Als Baby Trevor ihn beim Baby-Yoga folgerichtig „Pami“ nennt, also Papamami, erhellt sich sein Gesicht im Kreis der anderen Mütter. Die umgekehrten Rollenverhältnisse komplettiert Jennifer Garner als Mutter Kelly, die zwischen Karrieredenken und permanentem schlechten Gewissen ihrer Familie gegenüber zerrissen wird. Garner, zuletzt als Ärztin in „Dallas Buyers Club“ zu sehen, vertraut in den „Coopers“ bei der Wahl ihrer schauspielerischen Mittel leider zu sehr auf die Sorgenfalten in ihrem Gesicht. Alexanders ältere Geschwister werden von Dylan Minnette und Kerris Dorsey gespielt, denen man ansieht, dass sie trotz ihrer jugendlichen Jahre schon über reichlich Kameraerfahrung verfügen und damit nur knapp an den Teenie-Klischees unzähliger Highschool-Filme vorbeischrammen.
 
Tierisches Highlight im spaßigen Finale des Films sind die australischen Wildtiere, die Vater Ben seinem Spross als Streichelzoo zur Geburtstagsparty schenkt. Denn ein Alligator im Hausflur sorgt für garantierte Spannung und der naiv-dümmliche Gesichtsausdruck eines Kängurus ist von keinem menschlichen Schauspieler zu übertreffen.
 
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Wem der Trailer der „Coopers“ gefällt, sollte sich den gesamten Film ansehen, darüber hinaus jedoch nicht zu viele Erwartungen in den Film stecken. Trotz einiger Längen ist die Dichte an Lachern ausgewogen verteilt und am Ende der knapp neunzig Minuten wachsen einem die zerzausten, halb abgebrannten Coopers in ihrem verbeulten Van sogar ans Herz, wenn Anthonys arrogante Freundin vor dem Schulball zischelt: „Bist du sicher, dass du nicht adoptiert bist?“