***Bridge of Spies - Der Unterhändler***

bos kritik
 
Autor: Alexander Friedrich
 
Steven Spielberg hat wieder Platz auf dem Regiestuhl genommen und schickt zudem noch Publikumsliebling Tom Hanks in den Kalten Krieg. Eine Kombination, die vor allem dank der Coen Brüder aufgeht, welche mit ihrer Beteiligung am Drehbuch dem eigentlich eher unspektakulären Plot die nötige Leichtigkeit verleihen.
 
Im Jahre 1960 droht der Kalte Krieg zu eskalieren. Der amerikanische Pilot Francis Gary Powers (Austin Stowell) wird auf einer Aufklärungsmission im sowjetischen Luftraum abgeschossen und von der UdSSR gefangen genommen. Währenddessen haben die Vereinigten Staaten ebenfalls einen Spion in Gewahrsam, nämlich den undurchschaubaren Rudolf Abel (Mark Rylance), dem vorgeworfen wird, wichtige Informationen den Sowjets preisgegeben zu haben. Daraufhin wird der smarte Anwalt und Familienvater James Donovan (Tom Hanks) beauftragt, einen Gefangenenaustausch zwischen den beiden verfeindeten Parteien auszuhandeln. Der Clou: Das Ganze ist rein inoffiziell und zudem noch auf deutschem Boden, denn es geht nach Ost-Berlin…
 
Der eigentliche Plot von „Bridge of Spies – Der Unterhändler“, welcher auch im Trailer vorgestellt wird, ist der Gefangenenaustausch in Berlin. Schließlich handelt es sich bei der namensgebenden Brücke im Titel um die historisch bedeutsame Glienicker Brücke.
 
Doch bevor es Tom Hanks in die DDR verschlägt oder die Sowjetunion Aufklärungspilot Powers vom Himmel holt, vergeht die erste Hälfte des Films. Zu Beginn wird erst einmal Spion Rudolf Abel in New York vom FBI gefasst und der von Hanks verkörperte Anwalt Donovan bekommt die undankbare Aufgabe, Abel zu verteidigen. Für die Bevölkerung ist Donovan von nun an jemand, der einem Verräter des Landes zur Seite steht. Selbst vor Mordanschlägen ist seine Familie deshalb ab diesem Zeitpunkt nicht mehr sicher.
 
 
Heiter statt tödlich
 
Man könnte also zunächst meinen, es ginge ausschließlich um den Prozess um Abel und Donovan, der dessen Unschuld beweisen will. Doch dann nimmt der Film eine ganz neue Richtung ein und verlegt die Handlung in die DDR, wo gerade die Berliner Mauer hochgezogen wird. In dieser zweiten Filmhälfte wird nun (im O-Ton) viel Deutsch gesprochen und auch das ein oder andere bekannte deutsche Gesicht (zum Beispiel Sebastian Koch) bekommt seinen Auftritt. Amüsant sind hier gerade die Verständigungsprobleme zwischen Donovan und deutschen Soldaten.
 
Und amüsant ist auch das richtige Stichwort. „Bridge of Spies“ trifft nämlich einen ganz anderen Ton, als der Trailer vermuten lässt. Steven Spielbergs Film ist vollgepackt mit heiteren Momenten. Fast jeder Dialog wird mit witzigen Einlagen aufgelockert. Aus diesem Grund ist „Bridge of Spies“ überhaupt nicht das, was man eigentlich erwartet hat, nämlich ein hochspannendes bedrückendes Historien-Drama (wie etwa Spielbergs „Lincoln“ oder „München“). Negativ auffallen tut das allerdings nicht.
 
Im Gegenteil – eben diese Leichtigkeit sorgt während der 141 Minuten Laufzeit für kurzweilige Unterhaltung, ohne je den ernsten Kontext aus den Augen zu verlieren. Außerdem wird durch die skurrilen Verhandlungen der sturen Parteien der kalte Krieg (und speziell seine Sinnlosigkeit) gehörig durch den Kakao gezogen. So muss intelligente Satire aussehen. Der Grund für diese schlagfertigen wie schwarzhumorigen Dialoge (vor allem Tom Hanks teilt verbal gehörig aus) ist hier schnell ausgemacht. Die Coen-Brüder („Fargo“, „No Country For Old Men“) haben das Drehbuch zu einem großen Teil mitverfasst und den Dialogen deutlich ihren Stempel aufgedrückt.
 
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Beeindruckende Bilder, aber schwache Handlung
 
So fallen durch die wirklich toll geschriebenen Wortgefechte die eigentlich klaren Schwächen der Geschichte gar nicht so auf. Tom Hanks Figur James Donovan gewinnt während der langen Laufzeit nämlich kaum an Profil. Und auch der historische Hintergrund der Geschichte sorgt für wenig spannende Momente. Zumal dieser tatsächlich so geschehene Gefangenenaustausch auf der Glienicker Brücke in der Tat ein interessantes Ereignis mit viel Potential für einen spannenden Spielberg-Film gewesen wäre.
 
Einen emotionalen Hammerschlag eines „Schindlers Liste“ erreicht der Altmeister diesmal also leider nicht.
 
Doch auch wenn man meinen könnte, das „Bridge of Spies“ hieran scheitert und auch jener Showdown ziemlich unspektakulär ausfällt, schafft Spielberg dennoch einen sehr gelungenen Film. Das ist jedoch in erster Linie den bereits erwähnten tollen Dialogen zu verdanken.
 
Aber auch ein großartiger Tom Hanks und die bedrückenden Aufnahmen Berlins schaffen es, den Film zu tragen. Spielberg-Stamm-Kameramann Janusz Kaminski gelingt es nämlich mit nur wenigen Bildern der Stadt, die bedrohliche Stimmung dieser Zeit einzufangen.
 
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Fazit:
 
Wer mit „Bridge of Spies“ einen dynamischen, spannenden Kriegs-Thriller erwartet, der dürfte wohl enttäuscht werden.
 
Steven Spielbergs neuster Streich schlägt einen komplett anderen Ton an und handelt auch gar nicht so sehr von dem Ereignis in Berlin, sondern verbringt viel Zeit mit der Exposition rund um den Prozess von Rudolf Abel in den Vereinigten Staaten.
 
Sieht man darüber hinweg, bekommt man einen sehenswerten Film präsentiert, der zum Einen handwerklich hervorragend produziert ist und zum Anderen durch die schlagfertigen, wie witzigen Dialoge der Coen-Brüder einen unterhaltsamen Kinoabend garantiert.