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Kritik: Avatar: Fire and Ash

 
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Autor: Walter Hummer
 
Filme kosten viel Geld. Nicht nur den Studios, sondern auch dem Publikum. Teil Drei von James Camerons Alterswerk kostet nicht nur Geld sondern auch Zeit. Sehr viel Zeit …
 
When you ride the beast, you become the beast
 
Die allererste Szene von “Avatar: Fire and Ash“ zeigt uns fliegende Felsen und schräges Getier. Beides haben wir zwar schon in Teil Eins und Zwei gesehen. Aber James Cameron ist ein Vollprofi, also holt uns dort ab, wo er uns vor drei Jahren zurückgelassen hat und stimmt uns auf das ein, was wir während der nächsten mehr als drei Stunden zu sehen bekommen. Ja, richtig gehört, “Avatar: Fire and Ash“ dauert 195 Minuten. Und nichts, was in diesem Film zu sehen ist, rechtfertigt diese Laufzeit auch nur annähernd.
 
Ich will nicht unfair sein. Kommen wir zuerst zu den Teilen, die funktionieren. Und das sind die fliegenden Felsen und das schräge Getier. Davon gibt es mehr als drei Stunden lang jede Menge zu sehen. Um die Laufzeit zu füllen, gibt es auch neues Getier. Keine neuen Felsen, aber neues Getier. Wir sehen fliegende Wal-Mantas, die gasgefüllte Na’vi Zeppeline über den Himmel ziehen. Das sieht nett aus. Im Wasser tummeln sich Otter-Echsen, die auch recht niedlich wirken. Und es gibt gefährliche Riesen-Seepferdchen-Kalmare, die auch für ein oder zwei coole Szenen gut sind. Ich freue mich jetzt schon auf die Flusspferd-Goldfische und Meerschweinchen-Adler in Teil Vier und die Nacktmull-Schwertwale und Flughörnchen-Alligatoren im fünften und hoffentlich letzten Teil.
 
Aber es gibt ja nicht nur fliegende Felsen und schräges Getier zu sehen. Zwischen und auf den fliegenden Felsen und zwischen und mit dem fliegenden Getier wird immer mal wieder gekämpft. Und diese Szenen funktionieren so halbwegs. James Cameron, der Mann der vor langer Zeit mit „Terminator“ für gerade mal 6 Millionen Dollar in wenigen Monaten und zwischen zwei anderen Jobs, DEN wegweisenden Science-Fiction-Action-Thriller der Achtzigerjahre gedreht hat, liefert nun mit dem fünfzigfachen Budget und nach mehreren Jahren Produktionszeit immer wieder gut gemachtes aber doch recht beliebiges Sci-Fi-Schlachtengetümmel, wie wir es in den letzten zwanzig Jahren einfach schon zu oft gesehen haben, unter anderem bereits zweimal von Jim Cameron selbst.
 

Es wird immer wieder gekämpft während dieser 195 Minuten. Aber nach dem wirklich recht interessanten ersten Kampf, wird jeder weitere Kampf mehr und mehr zum Krampf. Hier eine Schlacht, dort ein Scharmützel. Mitten im allgemeinen Schlachtgetümmel gibt es immer wieder den einen oder anderen Zweikampf, der irgendwie auch interessant wirken möchte. Aber wir sitzen schon seit über zwei Stunden im Kinosessel und haben außer neuem Getier noch nicht Neues gesehen. Und auch nichts, was irgendwie spannend wäre. Oder sonstwie interessant. Und dass, wie in 3D-Filmen der frühen Zweitausender üblich, ständig irgendetwas oder irgendjemand auf den Betrachter zufliegt oder stürzt, wirkt auch längst ermüdend.
 
Man weiß gar nicht, ob man sich mehr oder weniger von der passablen 3D-animierten Action wünschen soll. Denn was dazwischen zu sehen und vor allem zu hören ist, ist ja noch schwächer. Die Figuren, ihre Beziehungen zueinander und die verschiedenen Verwicklungen scheinen einer Soap entlehnt zu sein. Diese Figur hat ein gefährliches Leiden, jene Figur kann es dem Vater nicht recht machen, wieder eine andere ist scharf auf eine weitere Figur, aber diese Beziehung ist tabu. Und mittendrin taucht noch eine gefährliche Schlamp…, sorry, taucht noch eine gefährliche attraktive Frauenfigur auf. Das sind doch alles Handlungsfäden aus Ärzteserien, aber nichts für einen Blockbuster, der den Machern viele Jahre und hunderte Millionen Dollar gekostet hat und für den nun wir auch noch 15,- oder 20,- Euro und mehrere Stunden wertvoller Lebenszeit opfern sollen.
 
Der Mann, der vor bald vierzig Jahren aus Teil Zwei eines der besten Horrorfilme aller Zeiten einen extrem spannenden Kriegsfilm-Horror-Crossover über eine traumatisierte starke Frau und Mutter und damit eine der besten Fortsetzungen aller Zeiten gemacht hat, liefert uns hier „Grey’s Anatomy“ in Blau mit gelegentlichen Kämpfen. Und am Ende lautet die Antwort auf die Frage, ob es besser gewesen wäre, weniger Kämpfe oder weniger Soap-Verwicklungen zu zeigen, ganz eindeutig: weniger von beidem, dafür besser durchdacht.
 
Nichts an diesem Film ist originell, nichts wirklich neu und daher kaum etwas halbwegs interessant. In Teil Zwei gab es ein neues Na’vi-Volk, das im Wasser lebt und dauernd rumzickt. Dieses Mal gibt es wieder einen neuen Na’vi-Stamm, dessen Angehöre aus irgendeinem Grund alles anzünden müssen und sich ganz allgemein ebenso doof wie fies benehmen, weshalb sie dann auch mit dem bösen Militär gemeinsame Sache machen. Damit man die bösen Na’vi von den guten Na’vi während der Kämpferei unterscheiden kann, malen sich die Bösen an. Spannend ist nichts davon.
 
Die Anführerin der bösen Na’vi hätte eine interessante Figur werden können. Sie ist skrupellos und brutal. Wenn sie besiegten Gegnern nicht gleich den USB-Zopf abschneidet, foltert sie Gefangene schon mal über die erzwungene Zopf-Verbindung indem sie ihnen Furchtbares überträgt (vielleicht das Drehbuch zu Teil 4?). Mit dem Klon des bösen Colonel macht die heiße Bösewichtin nicht nur gemeinsame Sache, sondern hüpft auch mit ihm in die Kiste. Diese böse Kriegerin wäre eine recht interessante Figur, wenn wir das alles nicht bereits aus „300: Rise of an Empire“ (einer weiteren überflüssigen Fortsetzung zu einem überschätzten Film) kennen würden. Damals wurde die heiße Bösewichtin von Eva Green gespielt und das, wie ich betonen möchte, mit vollem Körpereinsatz.
 
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Everything I touch, gets ruined
 
Aber bevor ich abschweife und ellenlang darüber schreibe, wie man schwache Fortsetzungen aufwerten kann, indem man einfach Eva Green besetzt und sie blankziehen lässt, kommen wir schnell zu den darstellerischen Leistungen in “Avatar: Fire and Ash“. Oona Chaplin ist die Tochter von Geraldine Chaplin, die Enkelin von Charlie Chaplin und die Urenkelin von Eugene O’Neill. Davon abgesehen wusste ich von dieser Darstellerin bisher nur, dass sie die Hotelmitarbeiterin im Finale von „Ein Quantum Trost“ war. Und das habe ich mir nur gemerkt, weil ihre Mutter 1967 eine kleine Rolle in „Casino Royale“ hatte. Ich wusste bisher nicht, dass ich Oona Chaplin noch in zwei weiteren Filmen gesehen hatte, in denen sie keinerlei Eindruck hinterlassen hat.
 
Als Anführerin des bösen Na’vi-Stamms hinterlässt sie einen Eindruck. Und was für einen. Man gewinnt vor allem den Eindruck, James Cameron hatte nur eine einzige Regieanweisung für die arme Frau und die lautete „Mehr!“. Es gibt Overacting, es gibt Schmiere und dann gibt es das, was Oona Chaplin hier unter computergenerierter blauen Haut und wilder Körperbemalung aufführen darf. Ihre Darstellung der durchgeknallten geilen Wilden, … Verzeihung, … ihre Darstellung der archaischen Kriegerin ist irgendwie zu viel für diesen sonst sehr konventionellen, vorhersehbaren Film und bringt ihn fast zum Kippen.
 
Oona Chaplins Darstellung wiegt umso schwerer, weil ihr der gesamte der Rest der Besetzung zusammen nichts entgegenzusetzen hat. Stephen Lang war bereits in Teil Eins der rücksichtslose Bösewicht, durfte seither in vielen anderen Filmen immer und immer wieder den rücksichtslosen Bösewicht spielen, zuletzt in „Sisu - Road to Revenge“ und darf auch hier wieder den rücksichtslosen Bösewicht spielen. Mehr fällt mir dazu nicht ein und Stephen Lang ging es wohl ebenso.
 
Zoë Saldaña wirkte bereits in Teil Zwei eher hysterisch als kriegerisch. Das Drehbuch, das ihre Figur von Szene zu Szene anders agieren und reagieren lässt, ist ihr auch diesmal wieder keine Hilfe. Sam Worthington war noch nie ein Ausbund charismatischer Ausstrahlung. Er ist der einzige Schauspieler, dessen Leistung davon profitiert, dass sein Äußeres vom Computer generiert wird. Bereits bei Teil Zwei war unklar, warum Kate Winslet Jahre ihres Lebens und ihrer Karriere geopfert hat, um eine blaue Version einer Mutterrolle aus einer Seifenoper darzustellen. Angeblich spielen auch die von mir sehr geschätzten Schauspieler David Thewlis und Cliff Curtis irgendwelche Na’vi. Keine Ahnung, wie man das feststellen sollte.
Sigourney Weaver spielt wieder ihr eigenes Kind und das sieht immer noch genauso schräg aus wie in Teil Zwei. Irgendjemand muss James Cameron mal erklären, dass man nicht alles machen muss, was man kann, bloß weil man es kann. Der Schrägheitsfaktor steigert sich, wenn die Teenager-Version von Sigourney Weaver im Film offensichtlich scharf auf den jungen Jack Champion ist, der aus irgendeinem Grund immer noch im alten Lendenschurz von Chris Atkins aus „Die Blaue Lagune“ herumläuft.
 
Okay, der letzte Scherz hat sich auf einen Film bezogen, der vor 45 Jahren mal kurze Zeit populär war und war daher wohl eher für die Generation 50+ geeignet. Zu meiner Verteidigung: „Avatar: Fire and Ash“ ist zwar technisch hochwertig produziert, wirkt aber gleichzeitig so uninspiriert und altmodisch, dass mir keine Gags mit aktuelleren Bezügen einfallen wollen. Denn auch im Film ist die einzige halbwegs interessante Szene die, in der Sigourney Weaver das Meisterwerk zitiert, das sie vor bald vierzig Jahren mit James Cameron gedreht hat. Und weil diese Stelle erst nach fast drei Stunden kommt, kommt sie damit leider viel zu spät.
 
Fazit
 
Fliegende Felsen und schräges Getier, 3D-Effekte, Nebenhandlungen wie aus einer Daily-Soap, wilde Kämpfe und kämpfende Wilde, … „Avatar: Feuer am Arsch“ hat einiges zu bieten. Aber nichts davon ist wirklich neu, nichts davon beeindruckt uns und nichts davon rechtfertigt mehr als drei Stunden Laufzeit. Wir alle wissen Besseres mit unserem Geld und unserer Zeit anzufangen.
 
 
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