Der deutsche Verleihtitel DER HOCHSTAPLER - ROOFMAN wirkt wie ein Versuch, besonders pfiffig zu erscheinen, geht jedoch komplett am Kern der Geschichte vorbei. Statt den tatsächlichen Hintergrund zu erfassen, wirkt die Übersetzung eher wie ein unglücklicher Marketinggriff.
Denn im Original bezieht sich „Roofman“ schlicht darauf, dass ein Dieb seine Raubzüge über die Dächer von Fast-Food-Restaurants begeht. Und genau das ist die Besonderheit dieser wahren Geschichte: Ein Mann, der über die Dächer von McDonald’s-Filialen und anderen Läden einstieg, um dort die ersten Angestellten zu überraschen und sie zur Öffnung der Safes zu zwingen.
Versteckt im Toys ‚R‘ Us
Im Mittelpunkt steht Jeffrey, ein Mann, der seiner Tochter ein besseres Leben ermöglichen möchte und dafür auf seine ungewöhnliche Begabung zurückgreift: Er beobachtet Menschen, Abläufe und Muster, die andere gar nicht wahrnehmen. Diese Gabe macht ihn zu einem überraschend effektiven Einbrecher.
Für eine Weile funktioniert sein System auch erstaunlich gut. Routiniert klettert er über die Dächer, lauert den Angestellten am frühen Morgen auf und verschwindet danach mit dem Geld. Doch wie in so vielen wahren Kriminalgeschichten schlägt das Schicksal irgendwann zurück: Ein Fehler, ein Zufall, eine unerwartete Reaktion – und Jeffreys Glückssträhne endet.
Anstatt unterzutauchen, über die Grenze zu fliehen oder eine neue Identität anzunehmen, versteckt sich Jeffrey monatelang in einer Toys ’R’ Us-Filiale, wo er nachts durchs Gebäude streift, tagsüber über Überwachungskameras die Angestellten beobachtet und langsam eine seltsame Form des Alltags entwickelt. Inmitten dieser ungewöhnlichen Situation verliebt er sich auch noch in eine Mitarbeiterin – eine Zuneigung, die alles verkompliziert, aber gleichzeitig eine unerwartete menschliche Wärme in diese absurde Lebenslage bringt.
Ein sympathischer Gauner
Die Figur Jeffrey bewegt sich immer zwischen zwei Polen: Er ist einerseits ein Genie, das manchmal unglaubliche Klarheit und Präzision zeigt, andererseits ein Trottel, der durch spontane Dummheiten alles zunichtemacht. Diese Ambivalenz macht ihn faszinierend und letztlich auch tragisch. Schon früh im Film wird deutlich, dass sein Scheitern vorprogrammiert ist. Wäre Jeffrey ein brillanter Krimineller ohne Fehltritte gewesen, hätte die Öffentlichkeit nie von dieser kuriosen, nahezu märchenhaften Geschichte erfahren.
Channing Tatum, der für die Rolle sichtbar Gewicht verloren hat, verkörpert Jeffrey mit einer Mischung aus Schüchternheit, liebenswürdigem Chaos und verletzbarer Menschlichkeit. Er gestaltet die Figur nicht als klassischen Gauner, sondern als einen Mann, der trotz seiner kriminellen Aktivitäten ein großes Herz hat. Ein Beispiel dafür liefert direkt der Anfang: Als er Angestellte nach einem Überfall im Kühlraum einsperrt, merkt er, dass einer seine Jacke vergessen hat. Also gibt er ihm kurzerhand seine eigene. Es sind genau solche kleinen Momente, die Jeffrey trotz seiner moralischen Fehltritte sympathisch wirken lassen und den Zuschauer auf seine Seite ziehen.
Am Ende kein Glück
Weil die Geschichte jedoch wahr ist, verweigert der Film konsequent das bequeme Hollywood-Happy-End. Das Finale folgt der Realität und trifft dabei einen sentimentalen Ton, der ohne Kitsch auskommt, aber dennoch tief rührt. Der Film nutzt diese Schlusspassage geschickt, um die emotionale Entwicklung der Figuren zu bündeln und die Geschichte mit einem bittersüßen Echo ausklingen zu lassen.
Doch trotz all seiner Stärken ist das Werk nicht perfekt. Besonders im Mittelteil zieht sich das Geschehen etwas, und eine straffere Erzählweise hätte dem Film gutgetan. Dennoch bleibt DER HOCHSTAPLER – ROOFMAN insgesamt ein angenehm ruhiges, ehrliches Kinoerlebnis – humorvoll, berührend und immer wieder überraschend menschlich. Die Chemie zwischen Channing Tatum und Kirsten Dunst trägt zusätzlich dazu bei, dass der Film trotz seiner kleinen dramaturgischen Schwächen einfach funktioniert. Die lockere Inszenierung tut ein Übriges. Trotz des Endes ist das Kino zum Wohlfühlen.
Fazit
ROOFMAN ist kein Meisterwerk, dafür aber ein Film voller kleiner, authentischer Momente – sympathisch, charmant und ideal für Zuschauer, die abseits des typischen Blockbuster-Lärms eine echte, ungewöhnliche Geschichte erleben möchten.