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Kritik: The Apprentice - The Trump Story

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Autor: Walter Hummer
 
Über Donald Trump, sein menschenverachtendes Weltbild und seine Machenschaften vor, während und nach seiner Präsidentschaft ist praktisch alles gesagt. Was kann also ein Spielfilm über Trumps Aufstieg noch zu bieten haben?
 
The first rule is: Attack! Attack! Attack!
 
New York City in den frühen Siebzigerjahren: der junge Donald Trump arbeitet noch für das Immobilienunternehmen seines Vaters. Aber er hat ehrgeizige Pläne. Nachdem ihn der erzkonservative Rechtsanwalt Roy Cohn unter seine Fittiche nimmt, rücken diese Pläne in greifbare Nähe. Cohn hat politischen Verbindungen und kennt keinerlei Skrupel. Er hilft Trump nicht nur, seine Pläne zu verwirklichen. Er hilft Trump, erst zu dem Menschen zu werden, den die Welt in den folgenden Jahrzehnten kennenlernen wird …
 
Der neue Film des Regisseurs Ali Abbasi beginnt mit einer Einblendung von Richard Nixons berühmter „I’m not a crook“-Rede, bevor wir den jungen Donald Trump sehen, wie er versucht, eine junge Frau mit seiner Mitgliedschaft in einem Club zu beeindrucken, in dem nur wirklich mächtige Männer verkehren. So weit, so wenig subtil. Wenige Minuten später sehen wir, wie Donald selbst die überfällige Miete in den Apartmenthäusern seines Vaters eintreiben muss. Bereits diese frühe Sequenz, in der wir minutenlag sehen, wie der Sohn eines Multimillionärs selbst die überfällige Miete eintreiben muss und der Verzweiflung, der Ablehnung und den Aggressionen der säumigen Mieter ausgesetzt ist, verdeutlicht das größte Problem des Drehbuchs von Gabriel Sherman und der Inszenierung von Abbasi. Denn diese ganze Sequenz steht komplett isoliert da.
 
 
Warum muss der Sohn des Firmeninhabers diese unangenehme Arbeit erledigen? Einer von vielen, vielen Vorteilen von Reichtum und Einfluss ist es, sich nicht mit der Schmutzarbeit beschäftigen zu müssen. Warum muss also der Junior die Miete eintreiben? Das könnte verschiedene Gründe haben: vielleicht meint der Vater, diese Arbeit wäre zur Charakterbildung seines Sprösslings nötig? Vielleicht stellt diese Aufgabe eine Strafe für einen Fehler oder ein Versäumnis des jungen Donald dar? Wir wissen es nicht. Und wir erfahren es nie. Der Film bleibt nicht nur dafür jede Erklärung schuldig.
 
Dieser Film liefert kaum Erklärungen. Er zeigt uns ganz oft, was passiert und wie. Vor allem, wenn Schlimmes passiert. Aber er zeigt uns nie das Warum. Wir sehen, wie Donald Trump sein erste Frau Ivana trifft, sie stalkt, sie bedrängt, sie zur Heirat überredet und mit ihr über den Ehevertrag streitet. Aber warum wollte Donald Trump diese junge Frau aus der Tschechoslowakei unbedingt und gegen den Rat seines Mentors heiraten? Wir wissen längst, dass Trump machtbesessen ist. Die ganze Welt weiß es.
 
Aber warum ist er es? „The Apprentice” liefert nicht nur keine Erklärungen, kein Warum. Dieser Film liefert auch nichts Neues. Alles was wir im Film zu sehen bekommen, wurde bereits in Dutzenden Büchern, Tausenden Zeitungsartikeln und unzähligen Fernsehsendungen beschrieben und gezeigt. Nur selten so reißerisch.
 
Im Zusammenhang mit diesem Film drängt sich das schöne altmodische Wort „Kolportage“ auf. Der Duden beschreibt „Kolportage“ als „literarisch minderwertiger, auf billige Wirkung abzielender Bericht“. Laut wikipedia ist die Koportage „intellektuell bewusst flach gehalten, verwendet allgemein verbreitete klischeehafte Vorstellungen und Bilder und vermeidet prinzipiell neue Erkenntnisgewinne. Somit ist dieses publizistische Genre weder der Literatur noch der Kunst zuzurechnen, sondern Teil der Unterhaltungsindustrie.“
 
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Rule two: Admit nothing, deny everything (SPOILER)
 
Die Macher von „The Apprentice“ vermeiden neue Erkenntnisgewinne sogar auf besonders drastische Art. So ist im Film zu sehen, wie Donald seine Frau Ivana während der Ehe vergewaltigt. Diese Sequenz ist in vielerlei Hinsicht ein Ärgernis. Die 2022 verstorbene Ivana Trump war zwar dreizehn Jahre mit einem Ekel verheiratet. Aber sie war auch eine intelligente Frau, die bereits vor der Ehe mit Trump als Modell und Designerin Erfolg hatte.
 
Die Vergewaltigungsszene beginnt im Film mit einem Geschenk Ivanas an ihren Mann, das so abgrundtief lächerlich dumm ist, man kann bloß den Kopf schütteln. Dieses Detail allein beschmutzt das Ansehen dieser armen Frau. Was noch schwerer wiegt: Ivana Trump hat 2018, zu einem Zeitpunkt, an dem sie durch dieses Geständnis nichts mehr zu gewinnen hatte, zugegeben, der Vorwurf der ehelichen Vergewaltigung sei eine Erfindung ihrer Scheidungsanwälte gewesen. Die Macher von „The Apprentice“ haben es mit ihrer Kolportage also so weit getrieben, dass ich nun gezwungen bin, Donald Trump gegen „Fake News“ zu verteidigen.
 
Falls „The Apprentice“ ein Hauptthema hat, dann ist es nicht Trumps Ehe sondern seine Beziehung zu seinem Mentor Roy Cohn. Auch über ihn erfahren wir nichts Neues. Cohn ist ein skrupelloser, erzkonservativer Reaktionär, der seine Homosexualität verbirgt und sogar noch bestreitet, als er längst an AIDS stirbt. Ob wir in diesem Film im letzten Drittel Mitleid mit dieser Figur haben sollen, ist unklar. Während der ersten zwei Drittel des Films war nichts zu sehen, das uns dabei helfen würde. Wenn uns das qualvolle Sterben eines Menschen in einem Film kalt lässt, ist auch das ärgerlich.
 
Hinter solchen Ärgernissen bleiben die sonstigen Qualitäten des Films fast zweitrangig. Die Ausstattung des Films ist von uneinheitlicher Qualität. Die Kostüme sind in Ordnung. Aber der Film vermittelt nicht immer ein authentisches Gefühl für das New York der Siebziger- und Achtzigerjahre.
 
Einzelne Szene sind mit unscharfer, wackeliger Handkamera gedreht. Das soll wohl dokumentarisch wirken. Leider erschließt sich dem Betrachter inhaltlich nicht, wie Regisseur Abbasi entschieden hat, welche Szenen in diesem pseudodokumentarischen Stil zu drehen wären und welche konventionell. Das lässt den Film auch visuell hinter seinen Möglichkeiten zurückbleiben.
 
Einige leicht vermeidbare Anachronismen (sowohl „Yes Sir, I can Boogie“ als auch „Always on my Mind” von den Pet Shop Boys sind im Film zu Zeitpunkten in der Handlung zu hören, zu denen diese Lieder noch nicht veröffentlicht waren) tragen zusätzlich zum Eindruck bei, hier würde einiges „intellektuell bewusst flach gehalten“.
 
Rule three: no matter what happens, you claim victory and never admit defeat
 
In diesem Film über Gewinner und Verlierer gibt es für die Darsteller*innen wenig zu gewinnen. Der sonst stets verlässliche Martin Donovan („Enzo und die wundersame Welt der Menschen“) spielt Fred Trump Sr. als Klischee des hartherzigen, starrsinnigen Vaters. Die zauberhafte Marija Bakalowa („Guardians of the Galaxy Vol. 3“) schlägt sich als Ivana Trump tapfer und versucht, über die Mängel und Auslassungen des Drehbuchs hinwegzuspielen.
 
Jeremy Strong spielt nach „Zeiten des Umbruchs“ nun bereits im zweiten mittelmäßigen Film mit, der unter anderem die Trump-Familie behandelt. Leider lässt das Drehbuch niemals zu, dass Strong uns den Menschen Roy Cohn näherbringt. So kann sich Strong mit seiner Darstellung nur innerhalb der „allgemein verbreiteten klischeehaften Vorstellungen und Bilder“ bewegen.
 
Sebastian Stan kennen die meisten von uns als Bucky Barnes/Winter Soldier aus dem MCU. Eine sehr anspruchsvolle Leistung hat er vor einigen Jahren in „I, Tonya“ gezeigt. Stan hat sicher viel Zeit und Energie in das Studium seines Vorbilds investiert. Alleine dafür hat er unser volles Mitgefühl verdient. Und er gibt Trumps Manierismen, seine merkwürdige Art zu sprechen, seine Art sich zu bewegen, wirklich sehr originalgetreu wieder.
 
Aber bei der Darstellung bekannter Vorbilder ist dem Publikum mit einer Imitation nicht geholfen. Wir alle kennen das Vorbild und es noch einmal zu sehen, hat wenig künstlerischen Wert. Bei der Darstellung realer Vorbilder geht es darum, deren Wesen zu erkennen und für das Publikum zusammenzufassen und nachvollziehbar zu machen. Deshalb ist z.B. Joaquin Phoenix‘ Darstellung des Johnny Cash der Leistung Rami Maleks als Freddie Mercury weit überlegen, obwohl letzterer auf den ersten Blick näher an seinem Original zu sein scheint.
 
Sebastian Stan bietet uns alle (unangenehmen) Verhaltensweisen des Vorbilds. Aber das lässt uns das Wesen dieses Vorbilds und seine Entwicklung noch nicht nachvollziehen. Stans Imitation Trumps ist wirklich sehr gelungen. Aber das lässt sich leider auch über die Trump-Parodie von Alec Baldwin sagen. Vielleicht kann man Wesen und Entwicklung Donald Trumps gar nicht nachvollziehen. Vielleicht möchte man das auch gar nicht. Aber Sebastian Stan scheitert in diesem Film an dieser Aufgabe.
 
Fazit
 
Dieser Film bietet nichts Neues über Donald Trump. Wir sind am Ende kein bisschen schlauer und verstehen noch immer kein bisschen besser, wie ein Mensch sich so entwickeln kann. Damit bleibt dieser ansonsten passable aber vor allem reißerische Film bloße Kolportage.
 
 
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