Sein Name, seine Adresse, seine Krankheit – alles scheint ihm zu entgleiten, weshalb sich schon die Frage stellt, wie er überhaupt allein klarkommen soll. Ohne Unterstützung durch Familie und Freunde müsste er aufgeschmissen sein. Und doch sind Kontakte weit und breit nicht in Sicht. Abgesehen von der Ärztin, die Roy einer experimentellen Behandlung unterzieht. Zwei dicke rote Nähte prangen an seiner Schädeldecke und zeugen von einem massiven Eingriff, der – so die Hoffnung – seine grauen Zellen wieder anregen soll. Mit ganz viel Kopftraining, etwa beim Puzzeln, könnten sich schon bald erste Erfolge zeigen.
Praktischerweise wendet sich ausgerechnet jetzt der seiner Hinrichtung entgegenblickende Häftling Isaac Samuel (Pacharo Mzembe) mit einer flehentlichen Bitte an Freeman. Obwohl er vor zehn Jahren in einem brutalen Mordfall vor Roy und dessen Partner Jimmy Remis (Tommy Flanagan) ein Geständnis ablegte, beteuert er nun seine Unschuld und drängt den Ex-Ermittler, die Sache noch einmal zu untersuchen.
Ohne lange zu zögern – Warum eigentlich? – kramt der frühere Cop, der die Geschichte nicht mehr präsent hat, alte Akten hervor und ist bald mittendrin in einem Gespinst aus Fragen und Ungereimtheiten. Eine zentrale Rolle spielt die pikante Beziehung zwischen Mordopfer Dr. Joseph Wieder (Marton Csokas), der Psychologiestudentin Laura Baines (eine arg theatralische Femme fatale: Karen Gillan) und ihrem Freund, dem angehenden Schriftsteller Richard Finn (Harry Greenwood). Das legt zumindest ein unveröffentlichtes Manuskript nahe, das Letzterer über die Ménage-à-trois verfasst hat. Aber kann man seinen Ausführungen trauen?
Melodrama statt Spannung
Wie wichtig für uns und unser Selbstverständnis Erinnerungen sind, merkt man oft erst dann, wenn sie plötzlich ausbleiben. Wenn da, wo Vergangenes abrufbar sein sollte, nur noch ein schwarzes Loch klafft. „Sleeping Dogs – Manche Lügen sterben nie“ umkreist ein reizvolles Thema, das mit weiteren interessanten Aspekten verknüpft wird. Wie trügerisch ist die menschliche Wahrnehmung? Wo beginnt literarische Fiktion? Welche Wirkmacht haben Traumata? Aus diesen Fragen ließe sich ein komplexes Thriller-Drama stricken. Zumal Russell Crowe sein Bestes gibt, um Roy als gebrochenen, verzweifelt um Halt kämpfenden Mann zu zeichnen. Adam Cooper und Ko-Drehbuchautor Bill Collage („Emancipation“) nutzen das Sprungbrett allerdings nicht, sondern machen aus den Nachforschungen der Hauptfigur einen eher schleppenden Noir-Krimi, der mit seinen zuweilen überexpliziten Dialogen fast schon für Belustigung sorgt.