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Kritik: Nosferatu

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Warum dreht man ein Remake eines Meisterwerks? Autor und Regisseur Robert Eggers muss sich sogar die Frage stellen lassen, warum er mit seinem neuen Film ein Remake von gleich zwei Meisterwerken gedreht hat?
 
Blood is the life
 
Die Handlung von „Nosferatu“ darf als bekannt vorausgesetzt werden. Die haben Friedrich Wilhelm Murna und Henrik Galeen nämlich bereits vor mehr als einem Jahrhundert bei Bram Stoker gestohlen und damit einen Rechtsstreit in Gang gesetzt, der zunächst fast dafür gesorgt hätte, dass dieser Film nie wieder aufgeführt werden durfte, bevor dann genau diese prekäre rechtliche Grundlage indirekt dafür verantwortlich war, dass der Film einige Jahrzehnte später berühmter wurde als zuvor. (Kleiner Hinweis für Cineasten: Die Geschichte des Originals von 1922 und der nachfolgenden Verwicklungen ist interessanter und spannender als die meisten der seither gedrehten Dracula-Verfilmungen. Unbedingt nachlesen!)
 
Werner Herzog drehte 1979 sicher eines der besten Remakes der Filmgeschichte. Während er in einzelnen Szenen sein Vorbild exakt kopierte, fügte Herzog sehr viel Neues, Eigenes hinzu. Als er seinen Vampir sich seiner selbst und seiner abstoßenden Grausamkeit bewusst sein ließ wie nie zuvor, wurde sein Film zum psychologischen, ja sogar existentialistischen Drama. Klaus Kinski war der erste Vampir der Filmgeschichte, der nicht in erster Linie Schreckgestalt, sondern auch Mensch - wenngleich untot - und sich des Wesens seines Untot-Seins bewusst war. In der Hinsicht war der Film von 1979 vielleicht einflussreicher als sein Vorgänger.
 
 
Vielleicht geht es bei einem Remake also darum, sich am Original zu orientieren und gleichzeitig ausreichend Neues hinzuzufügen? Dann befindet sich Robert Eggers („Der Leuchtturm“) mit seinem Film zunächst auf einem guten Weg. Der Look des Films ist über weite Teile gelungen. Eggers hat an pittoresken Drehorten in und um Prag gedreht. Die Innenaufnahmen fanden in den traditionsreichen Barrandov-Studios statt. Zum gruseligen Look des Films tragen auch die sehr aufmerksamen visuellen Referenzen auf das Original von 1922 bei. Aber eben diese Referenzen bilden auch bereits ein erstes Problem des Films.
 
Als Filmfan freut man sich im Grunde immer über Referenzen auf Meisterwerke. Und so hat sich der Verfasser dieser Zeilen über die erste Murnau-Referenz im neuen Film von 2024 gefreut und auch über die zweite. Und auch die dritte dieser Referenzen konnte man noch durchaus goutieren. Die Vierte und Fünfte hätten nicht mehr wirklich sein müssen. Die Sechste und Siebente waren dann wirklich zu viel des Guten, zumal sie alle ein bisserl arg plump geraten waren. Alle weiteren der vielen, vielen Murnau-Referenzen dieses Films waren dann einfach nur noch lästig.
 
His Lordship is here!
 
Aber lassen wir mal beiseite wie und wie oft sich Eggers am Original orientiert und konzentrieren wir uns auf das Neue, das Eigene, das er dem Remake hinzufügt. Da muss man zunächst mal festhalten, dass bereits die allererste Szene des Films uns den ersten von vielen grauenhaften Jump-Scares beschert. Und ja, ich meine „grauenhaft“ und nicht „gruselig“.
 
01 ©2025 Universal Pictures02 ©2025 Universal Pictures03 ©2025 Universal Pictures07 ©2025 Universal Pictures
 
Murnau hat auf geniale Art und Weise teilweise neue Techniken verwendet, um eine Vielzahl von unterschiedlichen Stimmungen zu vermitteln. Herzog hat uns kalte, deprimierende Einsamkeit vermittelt. Eggers will sein Publikum schocken. Sein Graf Orlock ist anders als die beiden Vorgänger kein gleichzeitig poetisch und doch gruseliges Wesen, keine Metapher für die Natur und das Leid ewiger Außenseiter. Sein Orlock ist einfach ein Monster. Überlebensgroß und halb verfault, taucht diese Figur mal hier, mal da auf und verbreitet keinen Grusel sondern nur Entsetzen.
 
Diese radikale Abkehr von den Vorbildern ist sicher mutig. Leider hat dieser Mut zu einer schwerwiegenden Fehlentscheidung geführt. Mit diesem kaum noch als ehemaliger Mensch erkennbaren Ungetüm kann man unmöglich die ursprüngliche Geschichte neu erzählen. Dieses abstoßende Wesen vermag niemanden zu verführen. Es kann seine Opfer nur überfallen, wie ein Zombie oder ein Werwolf.
 
So können auch die recht freizügigen Szenen nicht mehr funktionieren. Wenn die bildhübsche Lily-Rose Depp in diesem Film mehr zeigt als die Frau Mama während ihrer ganzen Karriere und sich dabei unter einem Wesen rekelt, das mehr nach George A. Romero oder eher noch Zack Snyder aussieht als nach F.W. Murnau oder Werner Herzog dann wirkt das gleichzeitig abstoßend und unfreiwillig komisch. Wenn dieses Wesen dann gleichzeitig Blut kotzt und weint, rettet auch die aufgesetzte Gesellschaftskritik den Film nicht mehr.
 
Und auch Bill Skarsgårds Darstellung hilft nicht, weil man sie kaum als solche bezeichnen kann. Das, was Skarsgårds aus der Rolle des „Pennywise“ in den beiden Teilen von „ES“ gemacht hat, war eine echte „Darstellung“ und bildete einen Meilenstein in der jüngeren Geschichte des Horrorfilms. Hier wird sein Talent unter der passablen Zombie-Maske verschwendet. So hat Autor und Regisseur Eggers kaum den halben Weg zu einem gelungenen Remake geschafft, bevor er in die falsche Richtung abgebogen ist.
 
Der Rest der Besetzung schlägt sich hier irgendwie durch. Der ganze Film und vor allem ihre Rolle ist viel zu plump geraten, als dass man erkennen könnte, ob Lily-Rose Depp auch subtil spielen kann. Man mag sie weder mit Greta Schröder noch mit Isabelle Adjani vergleichen. Auch Nicholas Hoults Darstellung wird niemanden an Bruno Ganz erinnern, eher noch an den jungen Keanu Reeves.
 
Auch das Meta-Stunt-Casting von Willem Dafoe zahlt sich leider nicht aus. Dafoe hätte für seine Darstellung des Max Schreck in „Shadow of the Vampire“ damals den Oscar verdient. Seine Darstellung des Vampirjägers hier, erinnert eher an seine vielen beliebigen Nebenrollen in vielen beliebigen Filmen wie „Aquaman“ oder „Daybreakers“.
 
Die einzige positive Überraschung bietet uns Aaron Taylor-Johnson, der wohl als einziger Darsteller die Lächerlichkeit seiner Nebenrolle und des Films erkannt und in einer entsprechenden Darstellung umgesetzt hat. Sollte er tatsächlich der nächste James Bond werden, kann er vielleicht auch in dieser Rolle die Gefahr umgehen, sich selbst und seine Rolle zu ernst zu nehmen.
 
Fazit
 
Warum Robert Eggers ein Remake von gleich zwei Meisterwerken drehen musste, wenn er diese offensichtlich nicht richtig verstanden hat, wird leider unklar bleiben. Wenn er uns statt eines „Nosferatu“ einen abscheulichen Zombie als Titelhelden liefert und statt auf subtilen Grusel auf plumpe Shock-Effekte setzt, sabotiert er den Rest seiner Arbeit und verfehlt damit sein Ziel.
 
 
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