Murnau hat auf geniale Art und Weise teilweise neue Techniken verwendet, um eine Vielzahl von unterschiedlichen Stimmungen zu vermitteln. Herzog hat uns kalte, deprimierende Einsamkeit vermittelt. Eggers will sein Publikum schocken. Sein Graf Orlock ist anders als die beiden Vorgänger kein gleichzeitig poetisch und doch gruseliges Wesen, keine Metapher für die Natur und das Leid ewiger Außenseiter. Sein Orlock ist einfach ein Monster. Überlebensgroß und halb verfault, taucht diese Figur mal hier, mal da auf und verbreitet keinen Grusel sondern nur Entsetzen.
Diese radikale Abkehr von den Vorbildern ist sicher mutig. Leider hat dieser Mut zu einer schwerwiegenden Fehlentscheidung geführt. Mit diesem kaum noch als ehemaliger Mensch erkennbaren Ungetüm kann man unmöglich die ursprüngliche Geschichte neu erzählen. Dieses abstoßende Wesen vermag niemanden zu verführen. Es kann seine Opfer nur überfallen, wie ein Zombie oder ein Werwolf.
So können auch die recht freizügigen Szenen nicht mehr funktionieren. Wenn die bildhübsche Lily-Rose Depp in diesem Film mehr zeigt als die Frau Mama während ihrer ganzen Karriere und sich dabei unter einem Wesen rekelt, das mehr nach George A. Romero oder eher noch Zack Snyder aussieht als nach F.W. Murnau oder Werner Herzog dann wirkt das gleichzeitig abstoßend und unfreiwillig komisch. Wenn dieses Wesen dann gleichzeitig Blut kotzt und weint, rettet auch die aufgesetzte Gesellschaftskritik den Film nicht mehr.
Und auch Bill Skarsgårds Darstellung hilft nicht, weil man sie kaum als solche bezeichnen kann. Das, was Skarsgårds aus der Rolle des „Pennywise“ in den beiden Teilen von „ES“ gemacht hat, war eine echte „Darstellung“ und bildete einen Meilenstein in der jüngeren Geschichte des Horrorfilms. Hier wird sein Talent unter der passablen Zombie-Maske verschwendet. So hat Autor und Regisseur Eggers kaum den halben Weg zu einem gelungenen Remake geschafft, bevor er in die falsche Richtung abgebogen ist.
Der Rest der Besetzung schlägt sich hier irgendwie durch. Der ganze Film und vor allem ihre Rolle ist viel zu plump geraten, als dass man erkennen könnte, ob Lily-Rose Depp auch subtil spielen kann. Man mag sie weder mit Greta Schröder noch mit Isabelle Adjani vergleichen. Auch Nicholas Hoults Darstellung wird niemanden an Bruno Ganz erinnern, eher noch an den jungen Keanu Reeves.
Auch das Meta-Stunt-Casting von Willem Dafoe zahlt sich leider nicht aus. Dafoe hätte für seine Darstellung des Max Schreck in „Shadow of the Vampire“ damals den Oscar verdient. Seine Darstellung des Vampirjägers hier, erinnert eher an seine vielen beliebigen Nebenrollen in vielen beliebigen Filmen wie „Aquaman“ oder „Daybreakers“.
Die einzige positive Überraschung bietet uns Aaron Taylor-Johnson, der wohl als einziger Darsteller die Lächerlichkeit seiner Nebenrolle und des Films erkannt und in einer entsprechenden Darstellung umgesetzt hat. Sollte er tatsächlich der nächste James Bond werden, kann er vielleicht auch in dieser Rolle die Gefahr umgehen, sich selbst und seine Rolle zu ernst zu nehmen.
Fazit
Warum Robert Eggers ein Remake von gleich zwei Meisterwerken drehen musste, wenn er diese offensichtlich nicht richtig verstanden hat, wird leider unklar bleiben. Wenn er uns statt eines „Nosferatu“ einen abscheulichen Zombie als Titelhelden liefert und statt auf subtilen Grusel auf plumpe Shock-Effekte setzt, sabotiert er den Rest seiner Arbeit und verfehlt damit sein Ziel.