Ein Hauptelement dieses Films ist aber gleichzeitig dumm und unfreiwillig komisch: die Bösen in diesem Film betreiben einen Kult, von dem man während des ganzen Films nie erfährt, wie er funktioniert, was sein Ziel ist oder wovon er lebt. Dieser geheime Kult von schwerbewaffneten Killern stellt die gesamte Bevölkerung des malerischen kleinen Ortes Hallstatt im Salzkammergut. Man muss nicht dort gewesen sein, um zu wissen, Hallstatt ist UNESCO-Welterbestätte und wird jeden Tag von einigen Zigtausend Touristen besucht. Seit den Axt-Fetischisten in „City Cobra“ mit Sylvester Stallone hat man im Kino keinen dümmeren und sinnloseren Kult mehr gesehen.
Angeführt wird dieser Kult von Gabriel Byrne. Byrne war nie ein besonders expressionistischer Darsteller, konnte aber vor langer Zeit in einigen Filmen, wie „Miller’s Crossing“ oder „The Usual Suspects“ eine gewisse Wirkung entfalten. Zu seiner Verteidigung: Die Figuren in „Ballerina“ sind alle underwritten. Das gilt natürlich auch für seine Rolle des Oberbösewichts. Aber was Byrne hier abliefert, kann man schon nicht mehr „underacting“ nennen. Es verdient kaum die Bezeichnung „markieren“. Das einzig Interessante an seiner Darstellung ist die Frage, ob er in einigen wenigen Momenten des Films vielleicht tatsächlich versucht, einen Akzent nachzuahmen oder einfach nur undeutlich spricht.
Natürlich sind jede Menge alte Bekannte aus der „World of John Wick“ zu sehen. Ian McShane macht das was er immer macht und womit er sich seit vielen Jahren seine Altersversorgung finanziert. Anjelica Huston liefert wieder ungefähr 2% dessen, was sie vor vielen Jahren in „Hexen hexen“ geboten hat und das ist noch immer mehr als so manche(r) andere Darsteller*in hier abliefert. Wir sehen Lance Reddick in seiner letzten Rolle vor seinem allzu frühen Tod. Und ja, es ist längst kein Geheimnis mehr, wer natürlich auch wieder mit dabei ist und ein bisschen mitschießt.
Zu den neuen Gesichtern in der „World of John Wick“ zählen u.a. Norman Reedus („The Walking Dead“), der hier ungepflegt und gehetzt zu wirken hat, und die Kolumbianerin Catalina Sandino Moreno, in einer Rolle die man kaum als solche bezeichnen kann und noch einige weitere Darsteller*innen, die es natürlich nie schaffen, so etwas ähnliches wie einen Eindruck zu hinterlassen, weil sie keine Rollen darstellen sondern bloß Stichwortgeber. Warum die großartige Anne Parillaud, die immerhin mal die Hauptrolle in dem immer noch besten Film über weibliche Auftragskiller überhaupt gespielt hat, in diesem Film praktisch nicht zu sehen ist, ist die zweite der wenigen interessanten Fragen an diesem Film.
Ana de Armas („Knives Out“, „Eden“) hat es sich mit diesem Projekt nicht leicht gemacht. Sie spielt hier eine Ansammlung alter Filmklischees, die man kaum als „Rolle“ bezeichnen kann und für die sie zu alt, zu klein und zu wenig athletisch gebaut ist. Ich weiß, Ana de Armas ist sicher größer als 150 cm. Im Film wirkt es aber immer wieder so als wäre sie deutlich kleiner, wenn sie Männer durch die Gegend prügelt, tritt und wirft, deren Oberarme bereits größer und schwerer sind als Ana de Armas. In einer Szene trägt sie eine Schrotflinte, die in den zierlichen Händen der Darstellerin die Ausmaße einer Feldhaubitze zu haben scheint. Man möchte ihr beim Tragen helfen.
Es hilft auch nicht, wenn Drehbuch und Regie ihre Figur der „Eve“ immer wieder furchtbar inkompetent wirken lassen. Ernsthaft, diese Super-Leibwächterin-Killerin-Kämpferin-wasweißichnochalles vergisst in gefährlichen Situationen so oft, sich umzudrehen, immer wieder möchte man ihr helfen und „Pass doch auf! Hinter Dir!“ rufen. Keanu Reeves vermittelte in der „World of John Wick“ stets eine entschlossene Härte und übermenschliche Fähigkeiten, die zwar absurd comic-haft aber innerhalb der Filme stimmig wirkten. Die Darstellung von Ana de Armas funktioniert leider nicht einmal innerhalb der komplett unrealistischen, durchgeknallten „World of John Wick“ so richtig.