Eine Mutter und ihre beiden Kinder in einer von Staubstürmen bedrohten Einöde und ein geheimnisvoller Fremder – das ist der Stoff, aus dem dieser Psychohorrorthriller Spannung zu ziehen versucht. Ob das gelingt?
Eingestaubt
Dass „Hold Your Breath“ während der Corona-Pandemie entstand, merkt man dem Regiedebüt von Karrie Crouse und Will Joines deutlich an. Isolation ist ein zentrales Thema. Eine mit starkem Husten verbundene Krankheit geht um. Schutzmasken tauchen auf. Und die Menschen beäugen sich zum Teil äußerst misstrauisch. All das liegt in der Realität gar nicht lange zurück. Und doch wirkt es manchmal, als wäre es schon ewig her.
Sind die Bezüge zur verblassten Corona-Wirklichkeit vielleicht der Grund, warum der 2022 gedrehte Film nun „bloß“ über Disney+ veröffentlicht wird und nicht den Weg ins Kino findet? Passen die Anspielungen nicht mehr in eine Zeit, in der die Dinge wieder ihren „normalen“ Gang gehen? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Crouse und Joines, die bereits bei diversen Kurzfilmprojekten kollaborierten, verpassen ihrem abendfüllenden Erstling vom Start weg eine apokalyptische Note.
Glatt könnte man sich in einem Endzeitstreifen wähnen, wenn wir zu Beginn nicht die Information erhalten würden, dass „Hold Your Breath“ im Jahr 1933 im Nirgendwo Oklahomas spielt. Schauplatz der Handlung ist eine karge Gegend, die von schrecklichen Dürreperioden und gewaltigen Staubtürmen heimgesucht wird. Immer wieder fragt man sich, wo überhaupt die wenigen auftauchenden Menschen wohnen. So leer und feindlich wirkt das Land. Wohin man schaut – alles ist bedeckt mit Staub. überall tänzeln feine Partikel in der Luft. Fegen hat eigentlich keinen Sinn, denn ist man einmal fertig, kann man gleich wieder von vorne anfangen.
Inmitten dieser unwirtlichen Umgebung harrt Margaret Bellum (Sarah Paulson) mit ihren Töchter, der Teenagerin Rose (Amiah Miller) und der jüngeren, tauben Ollie (Darstellerin Alona Jane Robbins ist ebenfalls gehörlos) aus und wartet auf Nachrichten von ihrem Ehemann Henry, der der Arbeit wegen in eine anderer Region weilt. Geschichten von einem geisterhaften Fremden, der eine Familie brutal überfallen hat und von niemandem gesehen wurde, machen die Runde.
Und dann entdeckt Margaret plötzlich den angeblichen Prediger Wallace Grady (Ebon Moss-Bachrach) in ihrer Scheune, der sich von einer Verletzung erholen will und die Jacke ihres Gatten bei sich hat. Der Mann scheint mit übernatürlichen Gaben gesegnet. Dennoch verwundert es, wie schnell die Bellums ihm Einlass gewähren.
Reizvolle Versatzstücke, unrundes Ergebnis
Psychothriller, Horror, Western und Familiendrama – all das fügen die auch für das Drehbuch verantwortliche Karrie Crouse und ihr Regiekollege in „Hold Your Breath“ zusammen. Ein interessanter Mix, keine Frage. Richtig aufgehen will er jedoch nicht, da die Versatzstücke oft ohne die nötige Finesse verbunden werden und die Figuren trotz ihrer bedrückenden Lage zu wenig Entfaltungsraum bekommen. Stellenweise fühlt sich der Film wie eine Melange aus mehreren düsteren Genrearbeiten der jüngeren Vergangenheit an.
„Der Babadook“ (2014), „A Quiet Place“ (2018), „The Wind“ (2018) und „Run – Die kannst ihr nicht entkommen“ (2020), ein Titel, in dem Sarah Paulson eine furchteinflößende Mutterfigur verkörpert, stechen etwa als Referenzpunkte ins Auge. Mit seiner staubigen Optik, seinen Bildern, denen die Farbe weitgehend entzogen ist, wählt „Hold Your Breath“ eine durchaus interessante Darstellungsweise. Sarah Paulson gibt in der Hauptrolle, besonders in der zweiten Hälfte, alles, um die Nöte der von einem Trauma verfolgten Margaret erfahrbar zu machen. Und doch geht das Geschehen weniger unter die Haut, als es angesichts der Entwicklungen eigentlich der Fall sein müsste.
Arbeitet der Film zunächst in recht grobschlächtiger Manier mit aggressiven Schockeffekten, häufig in Verbindung mit wiederkehrenden Albträumen, wechselt er im Mittelteil in den Belauerungsmodus. Das Krachen auf der Tonspur wird seltener. Unbehagen soll nun vor allem über das zwielichtige Verhalten von Wallace und die Frage nach paranormalen Erklärungen erzeugt werden.
Klingt tragfähig, funktioniert allerdings nur bedingt. Im letzten Drittel entspinnt sich dann ein klassisch aufgezogenes, klischeebehaftetes Verwirrspiel, das eine Wahrnehmungsstörung ins Zentrum rückt. Trauer, Einsamkeit, widrige Lebensbedingungen – Familie Bellum kämpft an vielen Fronten. Aus ihrem Ringen hätte man emotional und spannungstechnisch aber sicher noch mehr herausholen können.
Fazit
Die Ausgangslage ist vielversprechend. „Hold Your Breath“ denkt einige Idee jedoch nicht zu Ende und kriegt die Verschmelzung mehrerer Genres nur semiüberzeugend hin. Dass es der Titel lediglich auf Disneys Streaming-Plattform schafft, ist da irgendwie nicht verwunderlich.