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Kritik: Blood & Sinners

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Autor: Christopher Diekhaus
 
„Black Panther“-Regisseur Ryan Coogler inszeniert einen doppelten Michael B. Jordan in einem mutigen Mix aus Kostümfilm, Gangsterdrama und Vampirhorror.
 
Neuanfang in Heimat
 
Die Erlebniswelt schwarzer Menschen spielte in den Werken des Afroamerikaners Ryan Coogler schon immer eine Rolle. Sein Leinwanddebüt „Letzter Halt: Fruitvale Station“ (2013) rekonstruiert den realen Fall eines jungen Mannes, der in der Silvesternacht 2008/2009 von einem Polizisten erschossen wurde. Selbst in den Marvel-Blockbustern „Black Panther“ (2018) und „Black Panther: Wakanda Forever“ (2022) steht die Selbstermächtigung schwarzer Figuren im Mittelpunkt. Ähnliches gilt auch für seine fünfte Kinoarbeit (vor den beiden Superheldenproduktionen inszenierte er den Franchise-Titel „Creed - Rocky’s Legacy“) „Blood & Sinners“, die den Spagat zwischen historischem Gangsterstreifen und deftigem Vampirgrusel wagt. Keine wirklich alltägliche Mischung!
 
Mit dabei ist, wie in all seinen bisherigen Spielfilmen, der kalifornische Darsteller Michael B. Jordan, der dieses Mal sogar in einer Doppelrolle auftaucht. Die von ihm eindringlich verkörperten Zwillinge Smoke und Stack kehren im Jahr 1932 in ihren Heimatort in Mississippi zurück, wo sie noch immer gefürchtet und geachtet werden. Einst kämpften die beiden im Ersten Weltkrieg, und zuletzt verdingten sie sich in der Unterwelt Chicagos, möglicherweise sogar als Handlanger des legendären Al Capone. In alten Gefilden planen sie nun einen Neustart mit einem Nachtclub, der ganz im Zeichen der Blues-Musik stehen soll.
 
 
Noch am Tag der feierlichen Eröffnung ihres in einer erworbenen Scheune untergebrachten Etablissements gibt es wichtige Dinge zu erledigen. Der aus Chicago gestohlene Alkohol muss ins Lokal geschafft werden. Zudem braucht es fähige Musiker und eine gute Köchin. Für Letzteres gewinnt Smoke seine frühere Liebe Annie (stark: Wunmi Mosaku), mit der er ein Kind hatte, das nach der Geburt jedoch verstarb. Stack wiederum wird zusammen mit seinem Cousin Sammie Moore (Miles Caton), einem begnadeten Blues-Gitarristen, bei dem versoffenen Mundharmonikaspieler Delta Slim (charismatisch: Delroy Lindo) vorstellig und kann den Haudegen überreden, am Abend im Nachtclub für Stimmung zu sorgen. Was die Zwillinge allerdings nicht ahnen: Vampire treiben in der Gegend ihr Unwesen und bitten irgendwann um Einlass in die gut gefüllte Gaststätte.
 
Ein bisschen ist es mit „Blood & Sinners“ (der Originaltitel lautet bloß „Sinners“) wie mit dem Westernschocker „Bone Tomahawk“ (2015), der sich lange Zeit nimmt, um den Schrecken über seine Protagonisten hereinbrechen zu lassen. Die einleitenden Worte von Ryan Cooglers neuem Film und ein an den Anfang gestellter Vorausblick legen nahe, dass gruselige Ereignisse zu erwarten sind. Nach dem Einstieg widmet sich der Regisseur und Drehbuchautor aber erst einmal ausgiebig seinem Setting und seinen Figuren, bemüht sich, in prächtig ausgestatteten, sorgsam arrangierten Bildern ein Gefühl für das Leben der Schwarzen zu Beginn der 1930er-Jahre zu vermitteln.
 
Mitreißende Plansequenz
 
Im Süden der USA sind zu dieser Zeit die sogenannten Jim-Crow-Gesetze in Kraft, die die Rechte der Afroamerikaner einschränken sollen und auf eine klare Rassentrennung abzielen. Die Sklaverei mag offiziell schon seit einigen Jahrzehnten Geschichte sein. Ausbeutung und Diskriminierung setzen sich aber ungehindert fort. Echte Freiheit ist eine Illusion. Das versuchen die Zwillinge, dem jungen Sammie zu erklären, der die Hoffnung hat, dass es zumindest im Norden, etwa in Chicago, ganz andere Möglichkeiten gebe.
 
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Smoke und Stack sind zwar die treibenden Kräfte der Handlung. Einen sehr wichtigen Part spielt allerdings auch ihr Cousin, dessen Vater (Saul Williams), ein Prediger, mit Nachdruck vor dem angeblichen Sündenpfad der Blues-Musik warnt. Sammie aber träumt von einer Karriere in diesem Metier und hat eine besondere Gabe. Mit seinem berauschenden Gitarrenspiel und seinem Gesang kann er den Schleier zwischen Tod und Leben, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft lüften.
 
Was genau das bedeutet, demonstriert Coogler ungefähr zur Hälfte in einer der einprägsamsten Sequenzen des gesamten Films: Während die Stimmung im Nachtclub auf ihren Siedepunkt zusteuert, schlängelt sich die Kamera in einer einzigen, ungeschnittenen Einstellung durch die ekstatische Menge und bildet dabei mehrere Jahrhunderte schwarzer Musikgeschichte ab. Auf der Tanzfläche drängen sich neben den in der Handlung verankerten Figuren nämlich plötzlich auch Personen aus vorangegangenen und noch kommenden Zeiten. Über die spürbare Ausgelassenheit wird gegen Ende einmal gesagt: „Hier habe ich mich kurz richtig frei gefühlt.“ Das glaubt man sofort!
 
Angelockt von der mitreißenden Musik wird jedoch auch das Böse in Gestalt der Vampire um Wortführer Remmick (Jack O’Connell), die mit einer schönen Aussicht locken: In ihrer Gemeinschaft könne man sich endlich von allen Fesseln lösen und wahre Liebe empfinden. In der letzten Dreiviertelstunde wird das aufregende, mit vielen Details – beispielsweise dem Verweis auf unterschiedliche Währungen – gespickte Sittenbild vom Horror abgelöst. Verflogen ist die ansteckende Feierlaune, blutiges Chaos bricht sich Bahn, und eine kleine Gruppe kämpft ums Überleben. „From Dusk Till Dawn“ (1996) als period picture sozusagen. Coogler inszeniert das Grauen routiniert. Neue Maßstäbe in Sachen Schockwirkung setzt „Blood & Sinners“ aber sicher nicht. Dafür bleibt der Film dann doch zu sehr den Konventionen des Vampirsubgenres verhaftet.
 
Fazit
 
Afroamerikanische Geschichte wird in Ryan Cooglers visuell und musikalisch packendem Genre-Mix lebendig. Auch wenn der Horrorteil nicht ganz so originell daherkommt, braucht gerade das Mainstream-Kino eigenwillige Cocktails wie diesen.
 
 
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