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Kritik: A Working Man

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Der neue Film mit Jason Statham beschwört das Ideal und die Probleme des hart arbeitenden Mannes. Dabei zeigt dieser Film ganz andere Probleme des Mannes in der Krise auf … 
 
So listen, the day’s gonna be hard …
 
Ich will unseren Leser*innen und mir selbst die Tortur ersparen, die strohdumme und ohnehin altbekannte Handlung von „A Working Man“ durchzugehen. Spielen wir doch zur Abwechslung lieber wieder mal eine Runde Filmklischee-Bingo.
 
Ist der Held ein ehemaliger Elitesoldat? Hat er der Gewalt abgeschworen? Lässt ihn seine Verbundenheit zu einem Vorgesetzten/Kameraden/Familienmitglied bei der allerersten Gelegenheit gleich wieder gewalttätig reagieren? Hat er es mit Karikaturen von Bösewichtern zu tun? Sind diese Bösewichter Ausländer (in diesem Fall Russen, die selbst untereinander Englisch mit russischem Akzent sprechen)? Hat der Held alte Kollegen, die ihm auf seinem Kreuzzug helfen? Gibt es eine Szene, die wie ein Porno für Waffenfetischisten inszeniert ist? Tötet der Held vorsichtig geschätzt doppelt so viele Menschen, wie für den Erfolg seiner Mission nötig? Ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja und ja. Und SUPERBINGO dafür, dass der Held in einen Sorgerechtsstreit verwickelt und gleichzeitig Witwer ist.
 
 
Bevor ich auf die vielen cineastischen und moralischen Defizite von „A Working Man“ eingehe und erkläre, warum diesen Film zu sehen, für denkende und fühlende Erwachsene ein eher unangenehmes Erlebnis ist, möchte ich einen Vorschlag machen. Als aus Mitteleuropa stammender heterosexueller Cis-Mann, dessen 50. Geburtstag jetzt auch schon wieder eine Weile zurückliegt möchte ich vorschlagen, dass sich alte weiße Männer einfach ein bisschen zurücknehmen. Sie hatten lange genug die alleinige Kontrolle über alles. Jetzt könnten sie sich einfach mal entspannt zurücknehmen. Nicht nur im Filmgeschäft, sondern gerne auch in weiteren Bereichen des Lebens, des Universums und des ganzen Rests. Aber eben auch im Filmgeschäft.
 
Auch in der Mitte des dritten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts werden noch immer die weitaus meisten Filme von alten weißen Männern gedreht. Und was kommt dabei raus? Im besten Falle, wenn der alte weiße Mann vor Jahrzehnten mal wirklich gut in seinem Job war, so etwas wie „Killers of the Flower Moon“: ein sehr schöner aber stinklangweiliger Film, in dem einem das bisschen Inhalt immer und wieder des langen und breiten erklärt wird, wie alte weiße Männer das nun mal gerne tun. Es kann aber auch, wie erst neulich, so etwas wie „The Alto Knights“ rauskommen: ein Film, wie man ihn auch vor 40 Jahren nicht anders gedreht hätte.
 
Im schlimmsten Fall kommt so etwas wie „A Working Man“ raus. Ein garstiger, stinklangweiliger Film, in dem einem das bisschen Inhalt immer und wieder des langen und breiten erklärt wird, wie alte weiße Männer das nun mal gerne tun und den man im Großen und Ganzen vor 40 Jahren nicht anders gedreht hätte, … wenn man mal vom rückwärts gerichteten und reaktionären Weltbild und dem komplett unreflektierten und übertriebenen Einsatz von Gewalt absieht.
 
You ain’t a cop. You’re a working man.
 
„Dirty Harry“ war 1971 auch ziemlich reaktionär (Der Killer sah aus wie ein Hippie inklusive „Peace“-Zeichen am Gürtel, Homosexuelle wurden vom Helden bedroht, Selbstmörder verarscht und verprügelt, Frauen als Objekte behandelt, …). Aber obwohl Inspector Callahan den Killer ermutigt hat, nach seiner Waffe zu greifen, hat er ihn doch in Notwehr erschossen. Auch Stallones „Cobra“ hat 1986 den irren Killer zwar im Laufe eines brutalen Zweikampfs aber doch in Notwehr getötet. Klar, beide Helden hätten in den jeweiligen Situationen auch anders vorgehen können und keiner von beiden hat jemals so etwas wie Deeskalation betrieben. Aber die Tötungen der Bösewichter erfolgten in Notwehr.
 
01 ©2025 Warner Bros Pictures02 ©2025 Warner Bros Pictures04 ©2025 Warner Bros Pictures05 ©2025 Warner Bros Pictures
 
Der „Working Man“ hingegen ermordet im Verlauf von 116 Minuten so viele Unbewaffnete, ich habe gar nicht versucht, mitzuzählen. Im Jahr 2025 benutzt dieser „Held“ schon mal einen unbewaffneten Gauner als menschlichen Schutzschild vor den Kugeln der anderen Bösewichter. Ich bin kein Jurist, aber selbst ich weiß, dass bei Mord die Art und Weise des Tötens nicht ausschlaggebend ist, Heimtücke und Grausamkeit aber gleich zwei eindeutige Mordmerkmale sind. Sorry „Working Man“, aber damit hast Du Dir eine Mordanklage erarbeitet. Als „Dirty Harry“ seinen Verdächtigen gefoltert hatte, hat man das wenigstens mit einem Ansatz von Ambivalenz gezeigt.
 
10 Jahre später war „Rambo“ das Opfer von Folter, hat aber selbst nie gefoltert. Doch bereits 2019 hatten sich die Zeiten geändert und Sylvester Stallone ließ den von ihm geschaffenen Helden plötzlich ohne jede Reue oder Ambivalenz foltern und eine wehrlose Frau mit dem Tod bedrohen. In „A Working Man“, dessen Drehbuch Regisseur David Ayer angeblich zusammen mit Sylvester Stallone verfasst haben soll, wird nun gefoltert und bedroht als wäre da rein gar nix dabei. Wie soll man denn sonst so ein Verbrechen aufklären? Etwa durch Ermittlungsarbeit? Das ist doch was für Mädchen.
 
Hier wird nicht ermittelt und auch nix hinterfragt. So kann alles schön schwarz und weiß bleiben. Die Bösen sind böse und der Held ist gut. Das Drehbuch folgt der Romanvorlage eines gewissen Chuck Dixon, einem der vielen Nachahmer Lee Childs, die nie die Ironie und die bewussten, comic-haften Übertreibungen in den Jack Reacher-Romanen erkannt haben.
 
Die Handlung ergibt hinten und vorne keinen Sinn. Es geht um die Befreiung einer jungen Frau, die von Mädchenhändlern entführt wurde. Aber einerseits foltert der Held, andererseits will er sich undercover einschleichen und lässt sich dabei ewig Zeit. Die Handlung erstreckt sich über eine nicht nachvollziehbare Zahl von Tagen und irgendwann fragt man sich, wie lange Mädchenhändler ihre Ware auf Lager liegen lassen und warum? Das Sorgerechtsproblem des Helden wirkt wie ein schlecht durchdachter, nachträglicher Einfall. Was sollte die Szene mit den Schuldeneintreibern am Anfang? Wieso hält der erfahrene Elitesoldat seine Schusswaffen dauernd seitlich, wie irgendein kleiner Gangster?
 
Wie Regisseur David Ayer tickt, hat er mit Werken wie „Sabotage“ oder zuletzt „The Beekeeper“ gezeigt. Sein Geschick in der Umsetzung bekannter Vorlagen, ist seit dem unsäglichen „Suicide Squad“ bekannt. Hier wiederholt er seine Fehler aus früheren Filmen und inszeniert mit unangebrachter Ernsthaftigkeit, was außer ihm kein halbwegs gesunder Erwachsener auch nur halbwegs ernst nehmen kann. Besonders ungeschickt wirkt Ayers Regie immer dort, wo es ihm nicht gelingt, zu verbergen, dass der Film leider nicht in Chicago gedreht wurde.
 
Guillermo del Torro konnte uns in „Hellboy“ Prag als New York City verkaufen. Gus Van Sant drehte weite Teile des in Boston spielenden „Good Will Hunting“ in Toronto. Aber wenn zum Beispiel Autos mit gelben Kennzeichen im Bildhintergrund zu sehen sind, wird schnell offensichtlich, wie viel von „A Working Man“ ganz offensichtlich in Großbritannien gedreht wurde.
 
Vor mehr als 50 Jahren lief „Dirty Harry“ durch San Francisco und sprang auf einen Bus. „Cobra“ lieferte wilde Verfolgungsjagden. Aber die Helden dieser Filme waren damals um die 40 Jahre alt. Jason Statham, der den „Working Man“ darstellt, ist mittlerweile näher an 60 dran als an 50. Die Zeiten artistischer Einlagen in „The Transporter“ und unbändiger Dynamik in „Crank“ sind vorbei. Und so gilt für „A Working Man“ das gleiche, wie für so viele vergleichbare Filme mit alten weißen Männern in der Hauptrolle („The Equalizer“, „Kandahar“, „Hard Powder“, …): „A Working Man“ ist ein Gewalt-Film, aber kein Action-Film. Für einen Action-Film fehlt leider die Action.
 
Die Besetzung ist nicht der Rede wert. Verschiedene mehr oder weniger bekannte Schauspieler*innen (darunter unverhältnismäßig viele Briten) spielen Opfer oder Bösewichte. Dazwischen steht ein alter weißer Mann, dargestellt von Jason Statham und tötet die Bösewichte, die trotz ständiger Überzahl niemals gefährlich wirken. Spannend ist das alles nicht.
 
Fazit
 
Der alte weiße Mann steckt in der Krise und versucht diese mit brutaler Gewalt zu lösen. Davon haben wir in den Nachrichten bereits genug, das muss man nicht auch noch im Kino sehen. Vor allem, wenn es so plump geschrieben und inszeniert ist wie in „A Working Man“.
 
 
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