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Kritik: Creed III: Rocky´s Legacy

cjane kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Was kann man von Teil Drei des „Rocky“-Spin-offs erwarten? Wird „Creed III“ triumphieren, über die volle Distanz gehen oder geht der Film vorzeitig zu Boden?
 
Rising up, back on the street
 
Adonis Creed wurde in „Creed II” Boxweltmeister und kann den Titel zu Beginn des neuen Films verteidigen, um dann ungeschlagen abzutreten. Einige Jahre später ist er privat glücklich mit Frau und Kind. Geschäftlich läuft auch alles hervorragend, weil Creed unter anderem der Manager des aktuellen Weltmeisters im Schwergewicht ist. Doch da taucht plötzlich ein alter Freund aus längst vergangener Zeit auf. Damien Anderson wurde gerade nach achtzehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Und dieser Damien erinnert Adonis nicht nur an die dunklen Seiten seiner Kindheit und Jugend, die Adonis jahrelang erfolgreich verdrängt hat. Damien stellt auch Forderungen an den erfolgreichen Freund …
 
Es ist ein Jammer, dass nach über vier Jahrzehnten niemand mehr „Rocky“ von seinen Fortsetzungen trennen kann. Man kann diesen wunderbaren Film von 1976 nicht mehr sehen, ohne sich der ganzen Filmserie über den Meister aller Klassen bewusst zu sein. Dabei war „Rocky“ damals gar nicht die Geschichte eines Siegers. Der „Champ“ im ersten Film war Apollo, nicht Rocky. Der Film von 1976 ist die Geschichte eines passablen Boxers, der ein einziges Mal im Leben über sich hinauswächst.
 
 
Bereits in Teil Zwei war dieses Konzept vergessen. Natürlich war Rocky am Ende der Fortsetzung Weltmeister, wer hätte daran gezweifelt? Das Drehbuch von Teil Drei war dann ebenso vorhersehbar wie das des Vorgängers. Teil Vier fügte 1985 der allgemeinen Vorhersehbarkeit auch noch eine übergroße Ladung Hurra-Patriotismus hinzu. Und die Handlung von Teil Fünf war 1990 dann einfach nur noch banal. Erst mit „Rocky Balboa“ kehrte die Serie dann sechzehn Jahre später inhaltlich wieder halbwegs in die Realität zurück.
 
Nicht einmal der erste der Filme rund um Apollos illegitimen Sohn Adonis Creed konnte wirklich als ernsthaftes Drama betrachtet werden. Die 0815-Liebesgeschichte mit der überaus attraktiven Nachbarin/Musikerin kam nicht einmal halbwegs an die zarte Annäherung zwischen zwei einsamen Menschen in „Rocky“ heran. Rockys schnell abgehandelter Kampf gegen den Filmkrebs konnte „Creed“ ebenso wenig aufwerten, wie die Rachegefühle des Helden die Fortsetzung.
 
01 ©2023 Warner Bros Pictures02 ©2023 Warner Bros Pictures03 ©2023 Warner Bros Pictures04 ©2023 Warner Bros Pictures
 
Leider wirkt auch in „Creed III“ alles Drama wieder viel zu aufgesetzt, um uns emotional wirklich zu berühren. Keenan Coogler hat bisher nur das Drehbuch zu „Space Jam 2“ verfasst. Und auch Zach Baylin hat bisher nur ein Drehbuch verfasst. In seinem „King Richard“ verkamen zwei der besten Sportlerinnen aller Zeiten zu Nebenfiguren in der Geschichte eines männlichen Egomanen. Und so dürfen wir uns nicht wundern, wenn in „Creed III“ die Schwierigkeiten der gehörlosen Tochter und die Trauer der Ehefrau um ihre Musikkarriere bloß Beiwerk zum Drama des armen, unverstandenen Mannes bleiben und daher von beiden Autoren auch bald wieder vergessen werden.
 
Natürlich war schon das Drama der Fortsetzungen zu „Rocky“ kaum ernst zu nehmen. Trotzdem waren die Drehbücher durchaus kompetent geschrieben. Aber wo Apollos Tod in Teil Vier im realen Leben einfach bloß vermeidbar gewesen wäre und der Held in Teil Fünf niemals vor dem Ruin gestanden hätte, haben es sich die beiden Autoren Coogler und Baylin in „Creed III“ leider viel zu leicht gemacht. In der Mitte des Films sehen wir einen Kampf, der nicht einmal mit einem vollständig blinden Ringrichter tatsächlich so verlaufen könnte. In der Welt von „Creed III“ gibt es auch weder Ringärzte noch andere Offizielle. Man hat schon besser geregelte Schulhofraufereien gesehen.
 
Selbstverständlich hatten die Boxkämpfe in den Filmen der Rocky-Serie nie viel mit echtem Boxen zu tun. Hat im Verlauf der Serie seit 1976 eigentlich jemals einer der Boxer einen Schlag zum Kopf geblockt? Ich denke nicht. Aber was wir in „Creed III“ zu sehen bekommen, hat mit Boxen ungefähr so viel zu tun, wie „Fast & Furious“ mit Verkehrserziehung. Hier sehen wir Sparring ohne Helm und einen Weltmeister im Schwergewicht, der sicher keine 70 Kilogramm wiegt. So etwas ähnliches wie eine Boxkommission oder einen Verband, der vielleicht für die Vergabe von Lizenzen zuständig wäre, gibt es hier ohnehin nicht. In diesem Film folgt alles bloß den Anforderungen des Plots.
 
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Am Schluss des Films gibt es natürlich für alle und jeden ein Happy End. Dabei hilft es, wenn nicht nur die erwähnten Handlungsfäden rund um die weiblichen Nebenfiguren vergessen werden, sondern auch schwerwiegende Delikte wie Anstiftung zur Körperverletzung und Betrug. Unter echten Männern lacht man miteinander, auch wenn einer der Freunde kurz vorher einen Unschuldigen mit miesen Tricks auf die Intensivstation geprügelt hat. Schwamm drüber, bald kommt Teil Vier.
 
Did my time, took my chances
 
Inszeniert hat das Ganze Hauptdarsteller Michael B. Jordan. Schon Sylvester Stallone hatte ab „Rocky III“ realistische Bilder zugunsten einer schrägen Musikvideo-Ästhetik aufgegeben. Die Trainingsmontagen von Teil Drei und vor allem Vier sahen damals aus, als hätte Leni Riefenstahl Softpornos gedreht. Und auch unter der Erstlingsregie von Michael B. Jordan wirkt 2023 alles wunderschön glatt und wunderschön gefällig. Die Drehorte werden prachtvoll ins rechte Licht gerückt. Aber nicht so prachtvoll wie die Körper der männlichen Darsteller. Und keiner davon prachtvoller als der von Regisseur und Hauptdarsteller Michael B. Jordan.
 
Mit seinen Darsteller*innen wusste Regisseur Michael B. Jordan nur wenig anzufangen. Sie alle spielen als hätten sie nur eine Regieanweisung für den ganzen Film bekommen. Tessa Thompson („Thor: Ragnarok“) spielt die verständnisvolle Frau des Helden verständnisvoll. Jonathan Majors („Ant-Man & The Wasp: Quantumania“) spielt den wütenden, rachsüchtigen Kontrahenten wütend aber auch rachsüchtig. Phylicia Rashad spielt Mama Creed mütterlich. Und Michael B. Jordan spielt den gequälten Helden gequält und heldenhaft.

Fazit
 
„Creed III“ geht zwar nicht gleich in der ersten Runde zu Boden. Aber allzu viele Punkte können die Kampfrichter nicht vergeben. Ohne Sylvester Stallone kann der Film nicht einmal mehr bei Nostalgikern wirklich punkten.
 
 
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