Dreißig Jahre später drehte der russische Filmemacher und Rockmusiker Ilya Naishuller einen Film, der eigentlich weltberühmt sein müsste. „Hardcore Henry“ hatte alles: jede Menge schrägen Humor und jede Menge sinnlose Gewalt. In diesem, vollständig aus der subjektiven Sicht des Helden gedrehten Film erdrosselt dieser einen Widersacher mit seinem eigenen Sehnerv, an dem noch das Auge hängt. Wohlgemerkt, nicht mit dem Sehnerv des Widersachers. Der Held erdrosselt den Widersacher mit seinem eigenen, des Helden Sehnerv. Wie dieser Film nicht der erfolgreichste Film des Jahres 2015 werden konnte, ist mir bis heute ein Rätsel. Aber „Hardcore Henry“ spielte 2015 weltweit gerade mal 16 Millionen Dollar ein. Inflationsbereinigt entsprach das vermutlich 7,5 Millionen im Jahr 1985.
Warum schreibe ich hier zwei lange Absätze über zwei Filme, die vermutlich weniger Leute gesehen haben, als den Trailer zu „Schneewittchen“? Weil ich „Mr. No Pain“ ein ähnliches Schicksal ersparen will. Das hat dieser wunderbare kleine Film voll schrägen Humors und sinnloser Gewalt nämlich einfach nicht verdient. Bitte liebe Leute, wenn Ihr diese Woche, diesen Monat oder auch dieses Jahr nur einmal ins Kino gehen wollt, dann kauft Euch bitte ein Ticket für „Mr. No Pain“. Und kauft bei der Gelegenheit auch noch gleich eines für einen Freund oder eine Freundin.
Dieser Freund oder diese Freundin sollte aber nicht allzu zart besaitet sein. Nicht jeder Mensch kann seine Augen auf die Leinwand gerichtet halten, wenn die Hauptfigur mit der blanken Hand eine Pistole aus einer heißen Fritteuse zieht, um einen Widersacher zu erschießen. Und nur ganz wenige Menschen wissen es zu schätzen, wenn der Held einem der Bösewichte einen Armbrustbolzen der noch in seinem eigenen, also des Helden Bein steckt durch den Hals rammt, sodass der Bolzen auf der anderen Seite des Halses des Bösewichts rauskommt, um auch das andere Bein des Helden zu durchbohren. Ich sage mal, das muss man gesehen haben, um es goutieren zu können. Und auch dann können es nur wenige.
Also, wer solche Menschen in seinem Freundeskreis, seiner Familie, seinem Stammtisch, seinem Verein, seiner Selbsthilfegruppe, seinem Swingerclub, seiner Meditationsgruppe, seinem Bibelkreis oder sonstigem Umfeld kennt, leitet dieser Person bitte umgehend diese Rezension weiter und stellt bloß die Frage „Wann?“. Denn die Frage, „ob“ Ihr Euch diesen Film gemeinsam ansehen sollt, wurde bereits positiv beantwortet. Und ich kann Euch nur raten, Euch zu beeilen. Filme wie dieser laufen leider meistens nicht lang im Kino.