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Kritik: Mr. No Pain

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Und noch ein Film von unerfahrenen Regisseuren mit Nepo-Babies in den Hauptrollen. Wann kommt denn endlich mal wieder etwas Witziges und Originelles in die Kinos? Wir wollen im Kino doch einfach nur mal wieder unterhalten werden …
 
When your day is long …
 
Nathan Caine ist ein netter, aber ein wenig langweiliger Kerl. Er zockt gerne online-Spiele, arbeitet in einer Bank, fährt einen Volvo, … Das einzig besondere an Nathan ist die seltene Erbkrankheit an der er leidet. Die sorgt nämlich dafür, dass er keinerlei Schmerz empfinden kann. Weil er nicht spürt wenn er sich verletzt, ist Nathan in seinem Alltag extrem vorsichtig. Aber als Bankräuber seine Kollegin Sherry als Geisel nehmen und mit ihr flüchten, ist alle Vorsicht vergessen. Nathan stiehlt einen Polizeiwagen und verfolgt die Kidnapper …
 
Ich schreibe ja immer gerne über zu Unrecht unbekannte oder fast vergessene Filme, bevor ich zum eigentlichen Objekt meiner Rezension komme. Nun, 1985 drehte der große John Landis nach „Animal House“, „Blues Brothers“, “American Werewolf” und „Die Glücksritter“ den Film „Kopfüber in die Nacht“. Im Gegensatz zu John Landis vorangegangenen Erfolgen spielte „Kopfüber in die Nacht“ bei einem Budget von 8 Millionen Dollar weltweit gerade mal 7,5 Millionen Dollar ein. Und heute erinnern sich nur noch alternde Filmkritiker an diesen wunderbaren Film voll schrägem Humor und sinnloser Gewalt, in dem David Bowie dem armen Jeff Goldblum eine Pistole in den Mund steckt, bevor er der bezaubernden Michelle Pfeiffer ein Messer an den Hals hält.
 
 
Dreißig Jahre später drehte der russische Filmemacher und Rockmusiker Ilya Naishuller einen Film, der eigentlich weltberühmt sein müsste. „Hardcore Henry“ hatte alles: jede Menge schrägen Humor und jede Menge sinnlose Gewalt. In diesem, vollständig aus der subjektiven Sicht des Helden gedrehten Film erdrosselt dieser einen Widersacher mit seinem eigenen Sehnerv, an dem noch das Auge hängt. Wohlgemerkt, nicht mit dem Sehnerv des Widersachers. Der Held erdrosselt den Widersacher mit seinem eigenen, des Helden Sehnerv. Wie dieser Film nicht der erfolgreichste Film des Jahres 2015 werden konnte, ist mir bis heute ein Rätsel. Aber „Hardcore Henry“ spielte 2015 weltweit gerade mal 16 Millionen Dollar ein. Inflationsbereinigt entsprach das vermutlich 7,5 Millionen im Jahr 1985.
 
Warum schreibe ich hier zwei lange Absätze über zwei Filme, die vermutlich weniger Leute gesehen haben, als den Trailer zu „Schneewittchen“? Weil ich „Mr. No Pain“ ein ähnliches Schicksal ersparen will. Das hat dieser wunderbare kleine Film voll schrägen Humors und sinnloser Gewalt nämlich einfach nicht verdient. Bitte liebe Leute, wenn Ihr diese Woche, diesen Monat oder auch dieses Jahr nur einmal ins Kino gehen wollt, dann kauft Euch bitte ein Ticket für „Mr. No Pain“. Und kauft bei der Gelegenheit auch noch gleich eines für einen Freund oder eine Freundin.
 
Dieser Freund oder diese Freundin sollte aber nicht allzu zart besaitet sein. Nicht jeder Mensch kann seine Augen auf die Leinwand gerichtet halten, wenn die Hauptfigur mit der blanken Hand eine Pistole aus einer heißen Fritteuse zieht, um einen Widersacher zu erschießen. Und nur ganz wenige Menschen wissen es zu schätzen, wenn der Held einem der Bösewichte einen Armbrustbolzen der noch in seinem eigenen, also des Helden Bein steckt durch den Hals rammt, sodass der Bolzen auf der anderen Seite des Halses des Bösewichts rauskommt, um auch das andere Bein des Helden zu durchbohren. Ich sage mal, das muss man gesehen haben, um es goutieren zu können. Und auch dann können es nur wenige.
 
Also, wer solche Menschen in seinem Freundeskreis, seiner Familie, seinem Stammtisch, seinem Verein, seiner Selbsthilfegruppe, seinem Swingerclub, seiner Meditationsgruppe, seinem Bibelkreis oder sonstigem Umfeld kennt, leitet dieser Person bitte umgehend diese Rezension weiter und stellt bloß die Frage „Wann?“. Denn die Frage, „ob“ Ihr Euch diesen Film gemeinsam ansehen sollt, wurde bereits positiv beantwortet. Und ich kann Euch nur raten, Euch zu beeilen. Filme wie dieser laufen leider meistens nicht lang im Kino.
 
01 ©2025 Paramount Pictures02 ©2025 Paramount Pictures04 ©2025 Paramount Pictures05 ©2025 Paramount Pictures
 
Das liegt oft an der miesen Vermarktung. Viele Verleihfirmen und deren Marketingspezialisten sind einfach überfordert, wenn ein Film mal ein bisschen aus dem Rahmen fällt. Wenn ich daran denke, dass der deutsche Verleih den Originaltitel „Novocaine“ in „Mr. No Pain“ geändert hat, obwohl damit ein für die Handlung des Films wichtiges Wortspiel nicht mehr funktionieren kann, erfüllt mich das nicht mit Zuversicht.
 
Don’t let yourself go …
 
Natürlich ist „Novocaine“ bzw. „Mr. No Pain“ kein Meisterwerk. Aber die beiden noch unbekannten Regisseure Dan Berk und Robert Olsen haben das Drehbuch des ebenso unbekannten Autors Lars Jacobson kurzweilig und mit viel Liebe zum Detail verfilmt. Eine Szene in der unser schmerzunempfindlicher Held sich foltern lässt um Zeit zu schinden und dabei so tun muss, als würde er Qualen erleiden ist nicht einfach nur witzig. Sie ist auch weder zu lang noch zu kurz und lässt genau den richtigen Sinn für Timing erkennen, den Comedy braucht, um funktionieren zu können.
 
Der Film strotzt sowohl von visuellen Gags als auch feinem Wortwitz. Eine kurze Referenz an „Kevin - Allein zu Haus“ („Home Alone“) ist so witzig, dass sie mich noch zum Lachen bringt, als ich diese Zeilen niederschreibe. Eine Szene in der eine junge Frau sich von einem Angeber in einer Bar eben nicht aufreißen lässt, ist nicht nur witzig, sondern gibt uns noch Hinweise auf den weiteren Verlauf der Handlung.
 
Die Besetzung besteht aus (noch) recht unbekannten Darsteller*innen, die teilweise recht bekannte Eltern haben. Jack Quaid ist der Sohn von Meg Ryan und Dennis Quaid. Und er vermittelt wirklich genau die richtige Mischung aus der überaus liebenswerten Art seiner Mutter und dem jungenhaften Charme seines Vaters in Filmen wie „Die Reise ins Ich“. Schon lange haben wir im Kino keinen Actionfilm mit einem sympathischeren Helden gesehen.
 
Amber Midthunder wirkte in „The Ice Road“ sympathisch. In „Mr. No Pain“ ist sie einfach bezaubernd. Wir können sofort verstehen, warum der Held ihr verfallen ist. Ray Nicholson hat erst kürzlich in „Smile 2“ das sardonische Grinsen gezeigt, das er von seinem Vater Jack geerbt hat. Hier gibt er einen absolut überzeugenden Schurken ab.
 
In Nebenrollen sehen wir u.a. Jacob Batalon (Tom Hollands Freund aus den neuen „Spider-Man-Filmen). Und man muss schon sagen, er sieht wirklich ein bisschen wie Dwayne Johnson aus. Der Comedian Matt Walsh („Hangover“, „Ted“) liefert einige wenige one-liner, die zum Witzigsten gehören, das man zurzeit im Kino zu hören bekommt.
 
Fazit
 
Der witzigste und originellste Film, der zurzeit im Kino zu sehen ist. Unbedingt ansehen und sich einfach unterhalten lassen. Und dann überrascht feststellen, was man mit einer gebrochenen Ulna (dem Knochen zwischen Ellenbogen und Handgelenk) alles anstellen kann.
 
 
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