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***Ted 2***

ted2 kritik
 
Autor: Manuel Boecker
 
Hollywood as usual: Nun also „Ted 2“ als unausweichliches Sequel der Buddykomödie mit dem zotigen Bären. Erwartbar und soweit bekannt... Oder doch nicht? Hoppla, dieser Film ist um Längen besser als Teil 1, denn Seth MacFarlane baut neben der Rülps-und-Fäkal-Kumpel-Geschichte noch ein paar Ebenen mehr ein. Um sich der Sprache von Ted zu bedienen könnte man sagen: „Holy hot shit, dieser Film knallt wie eine geile Bong!“
 
Liebe Eltern, bitte lassen Sie sich nicht von den Plakaten mit dem niedlichen Teddy in die Irre leiten, wenn ihre minderjährigen Sprösslinge den Wunsch äußern, „Ted 2“ anzuschauen. Denn es könnten hinterher ein paar unangenehme Fragen auf Sie zu kommen. Zum Beispiel, was Gleitgel, „Fifty Shades of Bär“ oder Samenraub zu bedeuten haben.
 
Denn dieser Film ist ab 17 und natürlich feuert Seth MacFarlane, Regisseur, Stimme von Ted im Original und Co-Autor, auch in „Ted 2“ humortechnisch voll unter die Gürtellinie. Doch die ganzen Gags, Slapstick-Einlagen und Prominenten-Kurzauftritte sind hier nicht l´art pour art eingesetzt, sondern treiben die Story immer auch auf der romantischen und philosophischen Schiene voran. Wie eine Zwiebel lässt sich die Komödie häuten und entblößt weitere, nicht geahnte, Bedeutungsebenen.
 
 
An der Oberfläche schillert natürlich wie im ersten Teil die herrliche Beziehung zwischen John (Mark Wahlberg) und seinem kiffenden Teddybär, den er als Kind durch seinen sehnlichsten Wunsch zum Leben erweckt hat. Mittlerweile gehört der frivole Bär schon zum Bostoner Stadtbild und außer seinem Erzfeind Donny, schlangenhaft gespielt von Giovanni Ribisi, nimmt niemand Anstoß an einem Bären an der Supermarktkasse.
 
Ted heiratet in der Eröffnungssequenz, eine Hommage an alle Tanz- und Musicalfilme der Filmgeschichte, endlich seine schlampenhafte Göttin Tami-Lynn (Jessica Barth), doch der Glitzerrausch weicht schnell einem nörgelnden Ehe-Alltag mit Geldproblemen. Seinem Kumpel John gesteht der Bär, dass die Libido ein wenig flöten gegangen ist und nun durch ein Baby wieder auf Vordermann gebracht werden soll. Doch dem Teddy fehlt für die Produktion desselben das notwendige Körperteil...
 
Wie es sich für beste Freunde gehört, setzen John, der nach der Scheidung von Lori zu einem Jammerlappen in Liebesdingen verkommen ist, und sein tierischer Freund alles daran, durch Samenraub- oder Spende an geeignetes Genmaterial zu gelangen, was die Fantasie der Autoren zu einigen wirklich hochnotpeinlichen, aber brillant komischen Szenen getrieben hat. Die Buddy-Szenen sind noch immer das Herzstück des Films, der Gedanke, dass Mark Wahlberg mit einer Computeranimation spielt, rückt beim Anblick der Frotzeleien der Kumpels in weite Ferne.
 
01 ©2015 Universal Pictures02 ©2015 Universal Pictures03 ©2015 Universal Pictures05 ©2015 Universal Pictures
 
Die Lösung der Babyfrage soll schließlich eine Adoption bringen und hier taucht „Ted 2“ in die nächste Bedeutungsebene, denn die US-Justiz verweigert dem Teddybären den Status einer echten Person. Der saufende Bär wird zu einer Sache erklärt, die Ehe mit Tami annulliert und Bösewicht Donny auf den Plan gerufen, sich mit rechtlich geringem Risiko diesen „Gegenstand“ zu schnappen. Doch die Intention der Autoren zielt tiefer als die Entführungsnummer von Donny und dem abgezockten Spielwarenhersteller Tom Jessup (John Carrol Lynch), denn versteckt hinter der Fassade einer Justiz-Drama-Parodie werden die großen Fragen der Zeit gestellt: Welcher Minderheit werden Bürgerrechte gewährt, was macht einen Menschen aus und warum wurden die großen Forderungen in der Geschichte der Menschenrechte zu ihrer Zeit immer angefeindet und waren viele Jahre später politischer Konsens?
 
Welche Lehren hat Amerika aus dem Unrecht der Sklaverei gezogen, warum tobt weltweit gerade die Frage nach dem Für-und-Wider der Homo-Ehe? In einem ersten Verfahren scheitert die junge Anwältin Samantha (Amanda Seyfried) im Streitfall, ob Ted ein Mensch oder ein Spielzeug ist, auf ganzer Linie am eiskalten Anwalt Shep Wild (von John Slattery leider nicht so süffig-eloquent wie in Mad Men gespielt). Was nicht an ihrem Drogenkonsum liegt, der sie für John und Ted empfänglich macht, sondern an ihrem Novizentum in der Juristenwelt. Die drei Verlierer spülen ihren Frust mit reichlich Bier herunter und starten mit einem kleinen verkorksten Roadmovie den nächsten Anlauf zur Anerkennung des Bären als echtem Menschen – diesmal soll sich der New Yorker Menschenrechtsspezialist Patrick Meighan (kein geringerer als Morgan Freeman) des Falls annehmen und für Gerechtigkeit sorgen. Bis dahin geht noch einiges zu Bruch, wird viel Gras geraucht, sexuelle Anzüglichkeiten verschleudert, doch ohne zu viel zu verraten erlebt der Zuschauer nach dem obligatorischen, aber heftigen, Tal der Tränen ein ordentliches Happy End.
 
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Die dritte Ebene beim Tiefschürfen in „Ted 2“ legt das Suchspiel nach prominenten Mitspielern in Kleinstrollen und den filmischen Referenzen frei. Neben Liam Neeson als Frühstücksflocken-Psycho, Jay Leno selbstironisch auf dem Kneipenklo und Superbowl-Champion Tom Brady ploppen noch ein paar weitere Stars in Mini-Auftritten auf und sorgen jedes Mal, genauso wie äußerst aktuelle Bezüge in der Synchron-Fassung, für kurze Lacher. Die Latte der verwursteten filmischen Vorbilder ist mindestens genauso lang wie die Castliste: Die Tanz-Einlage aus dem „Breakfast Club“ in der Jura-Bibliothek, ein chaotischer Autocrash als Reminiszenz an John Candy in „Ein Ticket für Zwei“ oder staunende Blicke, hinterlegt mit der passenden Musik, auf eine Herde Dinos aus „Jurassic Park“, wobei in diesem Fall das Objekt der Begierde ein riesiges Hanffeld ist.
 
„Ted 2“ bedient voll und ganz den Geschmack einer Fangemeinde, die genauso wie John und Ted nicht erwachsen werden will und gewinnt mit überraschendem, zugegeben etwas seichtem, Tiefgang ein paar neue Fans dazu. „Die Grundidee und die komische Prämisse deiner Geschichte muss du in einem Satz auf den Punkt bringen“, sagte einmal der Komödienschreiber John Vorhaus. Seth MacFarlane beherrscht wie kein Zweiter diese Klaviatur des Komödiensettings, denn er weiß, dass die Komödie ausschließlich auf der Beziehung der Figuren fußt.
 
Und damit sind die Tore weit für einen dritten Teil geöffnet, die Frage ist nur, wer uns die drei Jahre Wartezeit bis zum nächsten „Paddington auf Speed“ vertreiben kann...