***Mission Impossible 5***

mi5 kritik
 
Autor: Manuel Boecker
 
Der Titel ist etwas irreführend: „Rogue“ States sind die Schurkenstaaten der Bush-Ära, doch keine Sorge, der Film entgleitet nicht in die reale globalisierte Kriegswelt des Jahres 2015 mit ihren vielen Wahrheiten, sondern reduziert das Übel der Welt weiterhin schön überschaubar auf einen einzelnen Bösewicht, den es zu fangen gilt.
 
Tom Cruise erledigt das in der Rolle des blitzgescheiten Ethan Hunt mit vorhersehbarer Präzision – für die humorvollen bis menschelnden Momente ist seine Entourage zuständig.
 
Wie schnell die Zeit vergeht: 1996 drehte Altmeister Brian de Palma, den ersten Teil von „Mission: Impossible“ als brillantes Verwirrspiel. Es folgten Jon Woo´s zeitlupenartige Choreographien mit der Jagd nach „Chimera“, 2006 setzte sich Hunt dann in Teil 3 nur scheinbar zur Ruhe, um 2011 in „Phantom Protokoll“ mit wohl einem der besten Teile der Reihe zurück zu kommen.
 
Fast 20 Jahre nach dem Auftakt peilt Cruise als Produzent nun das bisher Unmögliche an: Ein Einspielergebnis von 1 Milliarde Dollar.... Als wollte er die Diskussion um das Alter eines Actionhelden im Keim ersticken, schmeißt sich der 52jährige Tom Cruise in die Schlacht und ringt alle jüngeren Widersacher auf der Überholspur nieder.
 
 
Im Kinosessel bleibt einem genauso wie Ethan Hunt die Luft weg, als er minutenlang im Abkühlbecken eines Atommeilers taucht und der Badespass immer wieder unfreiwillig verlängert wird. Später die obligatorische Motorradverfolgung ohne Helm, diverse handgreifliche Auseinandersetzungen und gleich zu Beginn die Folterung des halbnackten Helden durch die Schergen des Feindes. Tom Cruise hat ihn wirklich noch drauf, seinen Ethan Hunt, aber die Langeweile schimmert ein wenig durch die getönten Haare, denn zuviel Perfektion ist der Spannung nicht zuträglich.
 
Zum Glück gibt es da noch seine Kollegen aus der IMF, der geheimen Spezial-Agententruppe. Allen voran Simon Pegg als Benje Dunn, dem so erlösenden Emotionen wie Angst oder Überforderung vergönnt sind und der komische Momente ohne Albernheit in den Film bringt. Regisseur Christopher McQuarrie hat das Potential von Pegg´s Gesichtsfalten und seiner neugierigen Augen erkannt und den Nerd Benji Dunn angenehmerweise fast über gesamte Länge des Films an die Seite von Cruise´ kühler Fassade gestellt. Jeremy Renner und Ving Rhames komplettieren die bewährte Besetzung der Agenten-Runde mit trockenen Kommentaren, Sarkasmus und einigen Schmunzlern.
 
Der Volltreffer ist McQuarrie jedoch in der Besetzung von Rebecca Ferguson als undurchschaubarer Doppelagentin Elsa Faust gelungen. Die Schwedin pendelt glaubhaft zwischen Gut und Böse. Sie ist gleichzeitig Getriebene wie Jägerin und zeigt neben kunstturnerischen Kampf-Szenen auch die Erschöpfung und die Unmöglichkeit des Ausstiegs aus dem mörderischen Rennen. Die zarte Anbahnung eines Techtelmechtels zwischen Faust und Ethan erinnert ein wenig an die Liebesgeschichte zwischen Bond und der von Eva Green gespielten Vesper Lind in „Casino Royal“, wobei „Mission:Impossible“ aber leider über eine geschwisterliche Umarmung nicht hinaus kommt. Sorry, soviel darf verraten werden...
 
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Keine weitere Spoilerwarnung gibt es beim Enträtseln der Handlung, denn inhaltlich wagt sich diese fast nicht über die bekannten Ankündigungs- und Pressetexte hinaus. Kurz zusammengefasst: Die IMF wurde von höchster Stelle aufgelöst, Hunt als gefährlicher Quertreiber verbannt und seine Kollegen in die CIA eingemeindet. Scheinbar freie Bahn also für die Agenten einer fremden Macht, die mit Anschlägen auf Regierungschefs und vermeintlichen Unfällen die Welt zu ihren Gunsten destabilisieren wollen. Der Oberbefehlshaber dieses „Syndikats“, ein zischelnder Bürokrat mit Brille (Sean Harris), rekrutiert seine Leute aus ehemaligen westlichen Agenten und benötigt zum finalen Sieg noch ein Passwort, welches nur der britische Premierminister kennt... Noch Fragen?
 
Regisseur Christopher McQuarrie sitzt in der „Mission: Impossible“- Reihe zwar zum ersten Mal auf dem Regiestuhl, seine gute Zusammenarbeit mit Tom Cruise hat er aber schon in Filmen wie „Operation Walküre“ oder „Jack Reacher“ bewiesen. „Rogue Nation“ inszeniert er sauber wie am Schnürchen, detailverliebt und präzise in den Action-Szenen, authentisch in den Dialogen. Immer passend zum jeweiligen Drehort, Wien, Casablanca oder London gibt es eine monströse Action-Einheit und ein paar kleinere Scharmützel. Für Fans der Reihe gibt es neben der Besetzung kleinere Details zum Wiedererkennen.
 
So erinnert die Tauchszene an die wohl berühmteste Szene des ersten Teils, als Hunt schweißtreibend am Drahtseil hing, die Motorradstunts sind eine Hommage an John Woo´s zweiten Teil, als die Motorräder tanzen lernten und die Täuschung der Gegner durch Latexmasken aus dem 3-D-Drucker gehört irgendwie in jedem Film dazu. Obwohl dieses Element aus dem Fachhandel des gutsortierten Spions bei der ganzen sonstigen High-Tech-Ausstattung am lächerlichsten wirkt.
 
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„Rogue Nation“ ist spritzig, lebendig und als gewohntes High-End-Spektakel eine Empfehlung wert. Dass die Idee mit der in Ungnade gefallenen Spezialeinheit schon dutzendfach bei Bond und Bourne verbraten wurde – sei´s drum. Ethan Hunt legt im Rennen um den besten Agenten-Streifen des Jahres die Latte hoch auf, Bond´s „Spectre“ muss dann im Herbst nachlegen. In der fantasievollen Qualität der Action-Sequenzen könnte der Punkt an „Mission: Impossible“ gehen, in puncto Handlung und Erotik-Knistern wird der Titel wohl bei Bond bleiben.