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***Bruder vor Luder***

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Autor: Mark Wrede
 
Aus der Sorge, dass man die Jugend nicht mehr ins Kino holen kann, da sie mit YouTube & Co bereits überreizt sind, macht man kurzerhand eine Tugend: Zwei der erfolgreichsten YouTuber Deutschlands machen einen Kinofilm und lassen damit die Teenie-Herzen höher schlagen: Die Lochis.
 
Die beiden YouTube-Stars Heiko und Roman Lochmann stehen vor ihrem ersten großen Konzert. Das Mauerblümchen Bella ist ein riesen Fan und gänzlich Roman verfallen.
 
Ihre „Fame-Bitch“ Schwester Jessy wittert bei den beiden fette Berühmtheits-Beute und gibt vor, sich rührend um ihre vermeintlich behinderte Schwester Bella zu kümmern. Damit gelingt es ihr, dass sich Heiko Hals über Kopf in sie verliebt. Roman riecht den Braten, doch seine Versuche, den liebesblinden Heiko darüber zu informieren, treiben nur einen noch größeren Keil zwischen die Brüder. Jessy sieht ihr Ziel, das Konzert zu übernehmen, zum Greifen nah, doch hat diese Rechnung ohne Bella gemacht…
 
 
Viel "Lochis" für Fans, aber wenig für die breite Masse...
 
Man muss unweigerlich schmunzeln, wenn einem der Gedanke der Selbstreferenz durch den Kopf geht: Der Film „Bruder vor Luder“ handelt von einer sogenannten „Fame Bitch“, die vom Erfolg der beiden Lochis etwas abhaben will. Irgendwie muss man daran denken, wenn man sich die Frage stellt, wie so eine große Firma, wie die Constantin dazu kommt, einen Film über zwei YouTube Stars zu machen… da winken im Kopf schon mal 1,7 Millionen potentielle Abonnenten mit ihren Kinotickets.
 
Und diese werden auch bestimmt ihre Freude an dem Film haben, denn die Macher haben bei dieser Art von Filmumsetzung die wichtigste Regel beherzigt: Es geht um die Lochis. Folgerichtig haben die beiden Jungs an der Geschichte mitgearbeitet und sogar gemeinsam mit Tomas Erhart das Regiezepter geschwungen. Herausgekommen ist dabei ein bunter Mix aus allerlei Fäkalien- und Ständerhumor, der es auf das pubertierende Zwerchfell abgesehen hat.
 
Als Entwachsener tritt dabei (wahrscheinlich systeminhärent) der Fremdscham ein, was allerdings auch an den gelinde gesagt schwer verständlichen Reaktionen der Akteure liegt. Niemand verhält sich hier so, wie man es erwarten würde (besser: nachvollziehen könnte) und daher kommt es zu allerlei Stolpermomenten, die durch die dürftige Schauspielkunst der Onlinestars noch unterstrichen wird. Das mag natürlich alles Teil und Vereinbarung des Lochi-Universums sein, aber als „Außenseiter“ tut man sich schon sehr schwer. Macht aber gar nicht so viel, da man sich den Film eh kaum ankucken wird, wenn man nicht eine gewisse Sympathie für die YouTuber übrig hat.
 
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Was hätte sein können...
 
Aber eigentlich ist das doch schade, oder? Wenn man schon die Möglichkeit hat, einem großen Publikum gegenüberzutreten, sollte man doch versuchen, neue Zielgruppen zu generieren; einen Film machen, der gleichermaßen Lochifans und solche, die es werden könnten begeistert? Für dieses Ziel sollte man zu allererst den „Showdown“ überdenken: Hier wird Goldmarie und Pechmarie in vertauschten Optiken aufgeführt, in dem erst Jessy und dann ihre Schwester vor dem Lochi Publikum singen. Sie tun dasselbe (eigentlich den Lochis die Show stehlen), werden aber ganz verschieden ohne erkennbaren Grund vom Publikum angenommen.
 
„Konstruiert“ nennt man das gerne heutzutage und das Schlagwort steht wegweisend über den Brüdern vor Lüdern. Es geht also schlussendlich darum, dass man eine Ahnung davon haben sollte, was einem bei diesem Film erwartet: Es gibt auf jeden Fall viel von den Lochis zu sehen! Sowohl ihre Anfänge (liebevoll in der Einleitung in Szene gesetzt), ihr Humor und natürlich ihre Musik. Damit sind die wichtigsten Kriterien der erfolgreichen YouTube-Filmchen schon mal im Gepäck, aber eben mehr auch nicht. Allerlei filmische Elemente und Konventionen vermisst man allerorts und so bewahrheitet sich im buchstäblichen Sinne der zugrunde gelegte Gedanke: YouTube goes cinema.
 
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Fazit
 
Es ist immer wieder schade, wenn die Handlung einer Komödie lediglich als Gagvehikel genutzt wird, anstatt eine brauchbare Geschichte zu erzählen.
 
Diesem Fallstrick sind schon viele zum Opfer gefallen und „Bruder vor Luder“ bildet da keine Ausnahme. Die „Dramaturgie“ ist keine und die Reaktionen sind oftmals so unverständlich, dass man sich schämt. Lochifans können von mir aus ihren Spaß haben.