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***Arlo und Spot***

aus kritik
 
Autor: Alexander Friedrich
 
Vor 65 Millionen Jahren beendete ein gigantischer Meteorit die Herrschaft der Dinosaurier auf der Erde. Doch was wäre, wenn jener einfach vorbeigeflogen wäre? Die Animations-Veteranen von Pixar nehmen sich dieser interessanten Utopie an. Nach Meisterwerken wie den drei „Toy Story“-Filmen oder „Ratatouille“ kann das auch nur wieder ein großer Wurf werden. Doch „Arlo & Spot“ ist ein Ausnahmefilm in negativer Hinsicht.
 
Da der Meteorit die Erde gar nicht getroffen hat, geht das Urzeit-Leben auf der Erde einfach seinen gewohnten Gang weiter, was zur Folge hat, das die Dinosaurier auch weiterhin die dominierende Spezies bleiben und der Mensch ganz unten in der Nahrungskette steht. Denn auch Millionen von Jahren später, als die ersten Menschen hervorkommen, sind die Dinos nicht nur weiterhin quicklebendig, sondern haben sich auch quasi zivilisiert. So sehen wir zu Beginn von „Arlo & Spot“ eine Familie von friedlichen Apatosauriern, die echte Landwirtschaft betreibt und als Vorbereitung für den Winter Mais anbaut.
 
Natürlich ist das alles Quatsch, doch in einem kindertauglichen Pixar-Film ist so ein skurriles Szenario ganz natürlich. Das zu Disney gehörende Studio zeichnete sich schon immer durch seine abgefahrenen Ideen aus. Der zuletzt erschienene „Alles steht Kopf“ machte da keine Ausnahme. In „Arlo & Spot“ erleben wir die Geschichte des kleinen schmächtigen Apatosaurus Arlo, der sich schwertut, den harten Dino-Alltag zu bewältigen. Denn Arlo ist ein gewaltiger Angsthase und schreckt vor jeder noch so kleinen Aufgabe und jedem nach so harmlosen Hühnchen zurück. Vater Poppa bemüht sich immer wieder aufs Neue, seinem Sorgenkind die Ängste zu nehmen, doch dann kommt dieser bei einem Ausflug mit Arlo durch ein Unwetter ums Leben und die Familie muss alleine weiter zurechtkommen. Von nun an muss Arlo umso mehr ohne seinen väterlichen Schutzengel an Mut gewinnen, doch dann wird der kleine Saurier durch einen Zwischenfall von seiner Familie getrennt. Bei seinem Überlebenskampf allein in der gefährlichen Wildnis lernt Arlo dann das Menschenkind Spot kennen…
 
 
Der beste Freund des Dinos
 
Nach „Die Monster Uni“ im Jahre 2013 brachte Pixar erst dieses Jahr wieder mit „Alles steht Kopf“ ihr neustes Werk ins Kino. Umso überraschender fällt nun aus, dass nur wenige Monate später mit „Arlo & Spot“ schon der nächste Pixar-Streifen vor der Tür steht. Ursprünglich sollte das Abenteuer von Regisseur Peter Sohn auf den Titel „Der gute Dinosaurier“ hören, doch bei Disney ist es zurzeit fast schon Tradition, den deutschen Titel kurz vor der Veröffentlichung kurzfristig zu ändern.
 
Der neue Titel passt jedoch gut zum Inhalt. „Arlo & Spot“ ist ein Film über zwei ungleiche Freunde. Interessant ist gerade dabei die Verteilung der beiden Kinder. Der menschliche Racker Spot ist ein treuer aber auch wilder und aufgedrehter Begleiter, der weder spricht, noch groß intellektuell veranlagt ist. Arlo ist dagegen die klare Identifikationsfigur und hat stets das Sagen. Spot ist so etwas wie sein schützendes Haustier.
 
So spielt sich in „Arlo & Spot“ ein wirklich verrücktes wie interessantes Szenario ab. Der Mensch ist nur noch eine unterentwickelte Rasse, die von den Dinosauriern klar dominiert und allenfalls als Schoßhündchen gehalten wird. Zudem sind Arlo und Spot zunächst sehr feindselig zueinander gesinnt. Erst im Laufe der Handlung entwickelt sich eine tiefe Freundschaft.
 
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Keine Pixar-Garantie mehr
 
Die Synopsis liest sich also schon mal sehr ordentlich. Die Skepsis, so schnell gleich noch einen Animationsfilm zu liefern, stellt sich jedoch mehr als berechtigt heraus. Natürlich wurde „Alles steht Kopf“ und „Arlo & Spot“ klar separat produziert, trotzdem wirkt Peter Sohns Dino-Abenteuer wie hinterhergeworfen. Der neueste Pixar-Streich richtet sich diesmal an eine deutlich jüngere Zielgruppe.
 
Zeichneten sich die bisherigen Werke des Animations-Studios durch einen altersunabhängigen Humor aus, ist „Arlo & Spot“ ein eindeutiger Kinderfilm. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Streifen auch sehr solide, Charme oder das gewisse Etwas wie gelungene popkulturelle Referenzen oder emotionale Momente sind jedoch leider fehl am Platz. Die Buddy-Geschichte um den ängstlichen Arlo, der mehr und mehr an Mut gewinnt, und den frechen Spot, der kaum Profil ausweisen kann, ist schlichtweg langweilig. Wirklich schlimm ausgefallen ist aber stellenweise die deutsche Vertonung.
 
Ganz vorne: Arlo, den wir deshalb nie lieben lernen wie früher Ratte Remy oder Roboter Wall-E, weil er sich durch pausenloses Geschrei bemerkbar macht. Gefühlte mehrere dutzend Mal bekommt der kleine Dino einen Angstanfall und macht das durch nerviges Geschrei und Gejammer deutlich. Die Originalfassung konnten wir nicht sehen, in der deutschen Vertonung ist Arlos Stimme jedenfalls ein Schuss in den Ofen.
 
„Arlo & Spot“ ist auch deshalb erschreckend schwach, weil er einfach kitschig ist und es an skurrilen Figuren und witzigen Dialogen mangelt. Die Gags sind nicht witzig und die Geschichte ist nicht spannend. Peter Sohns Film scheitert einfach auf der ganzen Linie dabei, mehr zu sein als ein kurzer Film für junge Kinder. Bedenkt man den Anspruch, den Pixar, aber auch die Zuschauer, an die eigenen Filme hat, ist „Arlo & Spot“ eine große Enttäuschung. Zumindest technisch wird hoher Pixar-Standard geboten. Geschmackssache bleibt allerdings das Design. Während die Kulissen rundum das Saurier-Tal geradezu beeindruckend fotorealistisch ausgefallen sind, wurden die darin agierenden Dinosaurier sehr comichaft und etwas albern gestaltet. Im Pixar-Kontext ist die Gestaltung der Figuren zwar absolut legitim, in dieser optisch sehr realistischen Umgebung wirken diese jedoch einfach etwas fehlplatziert.

 

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Fazit:
 
Ach herrje, was ist denn da passiert? „Arlo & Spot“ mangelt es an alldem, was Pixar-Filme sonst so auszeichnen: Abgefahrene Ideen, freakige sympathische Charaktere und ein für alle Altersklassen schlagfertiger Humor.
 
Galten bisher immer noch ordentliche Filme wie „Cars“ und „Die Monster Uni“ noch als die Tiefpunkte in der Chronologie, ist „Arlo & Spot“ nun der erste richtige Aussetzer des Studios. Natürlich ist „Arlo & Spot“ kein totales Fiasko, es ist sogar ein für junge Zuschauer kurzweiliger wie spaßiger normaler Kinderfilm aber eben auch kein bisschen mehr.